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Der Essener Park soll öffentliche Grünfläche bleiben

Dafür ist das Grünflächenamt personell und finanziell mit ausreichenden Mitteln auszustatten. So etwa läßt sich ein Stimmungsbild des Treffens vor Ort am 1. August 2016 zeichnen. Dabei wurden dort wesentliche Argumente für die Erhaltung des Parks noch nicht beigetragen. Daher hier weitere  Informationen.

Der öffentliche Essener Park – zusammen mit einer räumlich zugehörigen privaten Grünfläche rund 6000 qm groß, Zugang über Haus Stromstraße 67 – ist umgeben von Straßenrandbebauungen der Essener, Krefelder, Stromstraße und Alt Moabit (Rückseite U-Bahneingang, BVG-Funk-Station, Hotel-Fluchtweg u.a.). Er ist als Teil des einstigen Parks der Villa Borsig (um 1850) heute ein unverzichtbares ökologisch-soziales Kleinod im dicht bebauten Moabit: Er erzeugt zahlreiche positive Wohlfahrtswirkungen für das Stadtklima (grüne Lunge, prächtige riesige Bäume, dichtes Strauchwerk für Vögel und Kleintiere, Abkühlung im heißen Sommer), den Boden- und Gewässerschutz, Freude an jahreszeitlicher Naturveränderung und Rückzug vom Stadtgetriebe in die grüne Ruhezone (zentrale Liegewiese, Basketballfeld, Sandkiste, (kaputte) Bänke).

Der Essener Park (Ausschnitt aus einem Plan von SenStadt, ca. 2007)

Der Essener Park (Ausschnitt aus einem Plan von SenStadt, ca. 2007)

Herr Preus (Büro KoSP) informierte über die angebliche Absicht des Grünflächenamtes, den Park abgeben zu wollen, konnte aber nicht sagen, wer dort dafür zuständig ist – von Wechsel zum Jugendamt, Kita-Nutzung und  Moabiter Ratschlag war die Rede, die bei vielen Unmut und z.T. heftige Diskussionen auslöste. Besonders – so berichten schon damals Beteiligte – die „Bürgerinitiative Essener Park“ kämpfte bereits in den 1970er bis 90er Jahren erfolgreich gegen Bauabsichten. Die Bebauungsidee lehnte Herr Preuss mehrfach vehement ab. Daran sei von niemandem gedacht. Eine Baumaßnahme im Essener Park käme nicht einmal für ein kleines Kita-Gebäude in Frage. Mit Wohnungsunternehmen Akelius müsse man natürlich reden, weil ihm ein Drittel der Grünfläche und angrenzende Miethäuser der Essener Straße gehören.

Der Essener Park liegt in Moabit West.

Für seine Erhaltung und bessere Pflege als öffentliche Grünfläche spricht besonders die Tatsache, dass Moabit West mit nur 1,8 qm je Einwohner die mit wohnnahen öffentlichen Grün- und Erholungsflächen am schlechtesten versorgte Bezirksregion von Mitte ist – Bezirks-Durchschnitt 15,9 qm/Ew (s. Bezirks-amt Mitte 2014: Bezirksregionenprofile Teil I, BZR-Daten: 9. Grüne Infrastruktur/ Grün- und Freiflächen, Stand 2013; durch Einwohnerzuwachs heute noch ungünstiger). Richtwert für wohnnahes Erholungsgrün ist mind. 6,0 qm/Ew (SenStadtUm: Umweltatlas Berlin).

Bereits die Voruntersuchung zum Sanierungsgebiet Turmstraße stellte 2010 für das Untersuchungsgebiet fest (S. 69 f): Es „besteht die höchste Dringlichkeitsstufe hinsichtlich der Versorgung mit öffentlichen Freiflächen, da es nicht- bzw. unterversorgt ist und nur eine minimale Ausstattung mit privaten und halböffentlichen Freiräumen besteht. Zudem werden bedingt durch die sozialräumliche und demografische Situation sehr hohen Anforderungen an die öffentlichen Freiflächen gestellt. Sofortmaßnahmen für öffentliche, halböffentliche und private Freiräume sind im Untersuchungsgebiet erforderlich“, darunter Erschließung vorhandener Freiflächen.

Zusätzlich ist Moabit West nach fachlicher Bezirksamts-Analyse überall dreifach von sehr schlechten Werten der Umwelt-Stressoren betroffen: hohe Luftbelastung aus Verkehr (Schadstoffe, Feinstaub), hohe thermische Belastung (dichte Blockrandbebauung, hoher Versiegelungsgrad, geringe Durchlüftung) und schlechte bis sehr schlechte Grünversorgung (BZR-Profil Teil I, S.39 f).

Aus diesen Gründen beschloß das Bezirksamt in seinem Zielkonzept für die sozialräumliche Entwicklung der Bezirksregion Moabit West am 16. Mai 2014 u.a.: Wegen fehlender Aussicht auf Vermehrung der Grünflächen und der äußerst schlechten Grünversorgung der Einwohner sei

der sensible Umgang mit den vorhandenen Grün- und Freiflächen und
die langfristige Sicherung frei werdender Flächen als Grün- und Freiflächen“

umso wichtiger.

Die Erhaltung des Essener Parks als öffentliche Grünfläche ist somit eine sensible grünpolitische Aufgabe, an der Verwaltung und Politik sich messen lassen müssen.

Die große Linde im Abendlicht am 1. Aug. 2016

Die große Linde im Abendlicht am 1. Aug. 2016

Bei dem Treffen vor Ort am 1. August 2016 wurde von Herrn Preuss (Büro KoSP) der Eindruck erweckt, der Essener Park könne vom Straßen- und Grünflächenamt einfach so (quasi auf kleinem Dienstweg) abgegeben, dem Jugendamt und schließlich einem Träger für neue Nutzungen z.B. durch KiTas übertragen werden.

Essener Park hat gesetzlichen Schutz

So einfach dürfte das nicht möglich sein. Tatsächlich hat das Grünflächenamt nicht über den Bestand an Grünflächen des Bezirks Mitte zu entscheiden, sondern ihn gemäß Grüngesetz und Widmung in Stand zu halten. Denn der Essener Park hat als öffentliche Grünanlage besondere gesetzliche Aufgaben und genießt daher besonderen Schutz mit politischer (öffentlicher) Kontrolle: Als bezirkliche Infrastruktur „Geschützte Grünanlage“ ist er ins Verzeichnis der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen eingetragen (Essener Str. 7, Obj.-Nr. 2143, 4145 qm), unterliegt einem Pflegeplan und bedarf gerade wegen seiner Bedeutung in einem Gebiet mit großem Grünflächenmangel und wegen der umbauten Lage erhöhter Aufmerksamkeit. Besonders dringlich erscheint z.B. eine Initiative des Bezirksamtes, um den Zugang über ein anderes Grundstück auch rechtlich zu sichern. Warum gibt es das bisher nicht – wunderten sich die Teilnehmenden am 1. August.

Die Parteien sollten  v o r   der BVV-Wahl am 18. September sich mit dem Essener Park als öffentliche wohnnahe Grünfläche beschäftigen und öffentlich Stellung beziehen.

                                                                                                                    KERN. 2.8.16

Heiteres Gewimmel in der Jugendverkehrsschule

Der „Tag der offenen Tür“ am 12. Sept. 2015 lockte viele Eltern und Kinder und ebenso MoabiterInnen ohne Kinder in die Jugendverkehrsschule Bremer Straße 10. Endlich konnte man sich das Übungsgelände und das Häuschen mal ansehen. Ist es wirklich so unbrauchbar und sanierungsbedürftig, wie die Papiere der Schulstadträtin es behaupten?
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Der ADFC (Allgemeiner Deutscher FahrradClub) hatte für Kinder einen Geschicklichkeitsparcour aufgebaut. Dort übten und balancierten vor allem jüngere Kinder. Im größeren Teil des Geländes mit Kreisverkehr, Ampelkreuzung, Vorfahrtsstraße und Radwegen leiteten drei MitarbeiterInnen einer gemeinnützigen Einrichtung, die Jugendverkehrsschulen betreibt,  die Kinder zum regelgerechten Fahren an. Die Kinder bekamen Helme und Fahrräder aus den Beständen der Jugendverkehrsschule, wenn sie keine eigenen Räder mitgebracht hatten. Die Ampelanlage funktionierte, die Räder der JVS waren gut im Schuss, lobten die fachlichen BetreuerInnen.

A_08_GruppeErwachsene sahen dem vergnügten Treiben von den Bänken aus oder im kurz geschnittenen Gras sitzend zu. Viele nahmen auch das Angebot an, bei den drei Geländeführungen mehr zu erfahren.

Was für ein großer Raum!“ staunte eine Besucherin, als sie den Schulungsraum der JVS betrat – Stuhlkreis, Tafelbilder mit Verkehrssituationen, Regale mit Info-Material zeigten, dass hier der kurze theoretische Teil stattfindet, wenn Grundschulklassen zum Üben in die JVS kommen. Die Wände könnten mal heller gestrichen werden und die Rollläden vor den großen Fenstern repariert. Aber sonst? Die Toiletten funktionieren. Dass Wandkacheln und Fußböden dem Geschmack der 1960er Jahre entsprechen, hindert die Benutzung nicht. An einer Stelle war/ist das Flachdach undicht. Da wäre eine Reparatur vordringlich. Aber keine Dachsanierung für 64.000,– Euro ! Insgesamt hat das Schulamt 337.000 Euro für die Sanierung des Häuschens veranschlagt.
Die Absicht des Bezirksamts, die JVS Bremer Straße mit Wohnungen zu bebauen, ist der eigentliche Grund für das Vorhaben, die Jugendverkehrsschule zu schließen. Deshalb wird sie amtlich schlecht gemacht und teuer gerechnet.

Als gegen halb vier auch die Schulstadträtin, Frau Smetek, durch die „Offene Tür“ die Jugendverkehrsschule betritt, versuchen einige MoabiterInnen, ihr nahe zu bringen, dass die JVS Bremer Straße erhalten und verbessert werden muss. Wohnnahe Übungsmöglichkeiten für Schul- und Kitakinder! Öffnung auch am Nachmittag und am Wochenende!  So wie am „Tag der offenen Tür“ könnte das schöne, baumbestandene Gelände immer eine belebte Kiezoase für Jung und Alt und Übungsplatz für die Kinder in Wohnungsnähe sein. „Es kommen doch viele Flüchtlingskinder zu uns“, gibt ein älterer Herr zu bedenken, „die brauchen doch ganz besonders die Jugendverkehrsschule, zum Lernen und zu ihrer Integration!“

Schulstadträtin Smentek im Gespräch

Schulstadträtin Smentek im Gespräch

Das Bezirksamt selbst –  so ein anderer Bürger – habe im Mai 2014 das ämterübergreifende Ziel festgelegt, dass die Region Moabit (mit der JVS) wegen der schlechtesten Versorgung mit wohnnahem Grün in ganz Mitte und großer sozialer Problemdichte kein Potential für Wohnbau aufweist. Vielmehr sollten hier „Attraktive Aufenthalts- und Bewegungsräume, besonders für Jugendliche und ältere Menschen“ geschaffen werden. – Das passt doch genau auf eine neu konzipierte JVS Bremer Straße 10!  (Anregungen und Vorschläge gibt es schon länger!)

Nein, als Schulstadträtin ist sie nur für die Radfahr-Infrastruktur zuständig und die JVS Gottschedstraße in Wedding reicht für ganz Mitte (gerechnet für 33 von 41 Grundschulen), und falls doch nicht, dann könne ja in (unabsehbarer) Zukunft die JVS Berolinastraße (beim Rathaus Mitte) reaktiviert werden, sagt Frau Smentek.

 Foto: Ingrid Ochse

Dieses Foto machte Ingrid Ochse. Danke!

Auch einige BVV-ler waren (zum ersten Mal) in der JVS Bremer Straße. Hoffentlich haben sie das Potenzial des Geländes fürs Kiezleben und für das Verkehrssicherheitstraining für Moabiter Kinder erkannt. Denn nur durch eine politische Ablehnung des Schließungsantrags des Bezirksamtes durch die gewählten Bezirksverordneten ist die JVS Moabit in der Bremer Straße zu retten.

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Der „Tag der offenen Tür“ in der Jugendverkehrsschule war eine Idee der „Arbeitsgruppe JVS“ der Stadtteilvertretung Turmstraße. (Bericht und Fotos, s. hier). Die Stadtteilvertretung ist gewählte „Betroffenenvertretung“ imAktiven Zentrum und Sanierungsgebiet Turmstraße“ und hat sich seit Juni 2014 für Erhalt und Verbesserung der JVS Moabit eingesetzt.
Das Zustandekommen des „Tages der offenen Tür“ wurde durch die organisatorische Unterstützung durch den BUND (Bund Umwelt und Naturschutz), Landesverband Berlin, ermöglicht.
Gabi Jung (BUND) war bei den Planungen und Vorbereitungen und am Samstagnachmittag hilfreich dabei, so bei den drei Führungen. Sie berät Berliner Schulen bei der Mobilitätserziehung. Erhalt und Verbesserung der geschützen Räume der Jugendverkehrsschulen in Schul- und Wohnungsnähe sowie die verbesserte Aus- und Weiterbildung der GrundschullehrerInnen für das Fach Mobilitätserziehung sieht sie als vordringlich an.

Zu einem Grußwort war der SPD-Abgeordnete Fréderic Verrycken, MdA, aus Charlottenburg gekommen. Er ist ein Freund und Förderer von Jugendverkehrsschulen und freut sich, dass der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sich erfolgreich um das Pilotprojekt „Jugendverkehrsschule als außerschulisches Zentrum für verkehrssicherheitsbezogene Lern- und Trainingsangebote im Bezirk“ aus dem „Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020“ des Senats beworben hat. Die JVS Lohschmidtstraße wird neue Konzepte entwickeln. Für Mitte und Moabit ist interessant, so berichtete Fréderic Verrycken, dass im Abgeordnetenhaus an Konzepten gearbeitet wird, die die Arbeit der Jugendverkehrsschulen in Berlin stabilisieren, konzeptionell erweitern und finanziell absichern sollen. Auch wenn das Ziel, Wohnraum zu schaffen, in Berlin vordringlich sei, dürfen doch gleichrangige soziale Belange im Wohnumfeld und Bildungsnotwendigkeiten nicht vernachlässigt werden.

Martina Arnold, Präsidiumsmitglied der Landesverkehrswacht Berlin und beruflich im Bezirksamt Pankow tätig, erinnerte daran, dass schon im September 2014, bei der ersten Moabiter Demonstration für die JVS Bremer Straße, die Landesverkehrswacht aktiv mitgewirkt hat. Sie wird auch weiter, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, sich für die JVS Bremer Straße einsetzen. Beispielweise könne die Landesverkehrswacht bei der Gewinnung von Sponsoren hilfreich sein.
Aus Pankower Erfahrungen müsse sie warnen: hier seien in den letzten Jahren zu viele Freiräume zugebaut worden, Kinder werden im öffentlichen Raum eingeschränkt und an notwendiger Bewegung gehindert. Das traurige Hickhack um die tageweise Ausweisung von verkehrsberuhigten Straßen als „Spielstraßen“ zeige die Brisanz.

Norbert Kesten vom ADFC, der mit weiteren ehrenamtlichen Helfern den Geschicklichkeitsparcour für die radelnden Kinder betreute, bestückte sein Grußwort mit scharfer Kritik am „Infrastrukturkonzept für Mobilitätserziehung in Berlin-Mitte“ der Schulstadträtin.
Aber so wie heute sei der ADFC auch weiter bereit, das Angebot der Jugendverkehrsschule Moabit durch Übungsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene ehrenamtlich zu bereichern.

Ich selbst habe teils aktiv, teils teilnehmend beobachtend am „Tag der offenen Tür“ der Jugendverkehrsschule Bremer Straße teilgenommen. Allen genannten und ungenannten helfenden Händen und Köpfen danke ich im Namen der Bürgerinitiative SilberahornPLUS herzlich.

13./15. Sept. 2015,                         Brigitte Nake-Mann