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Grünanlage „Schleswiger Ufer/Spreeuferpromenade“ wird mit viel Geld entwertet

Am 1. Februar 2022 informierte die Pressemitteilung der grünen Bezirksstadträtin von Berlin Mitte, Dr. Almut Neumann, über den jetzt bevorstehenden „Ausbau des Spreeradwegs“ am südlichen Spreeufer zwischen Bezirksgrenze Charlottenburg am Wullenwebersteg und Lutherbrücke.

Die geplante Trassierung eines touristischen Fernwanderradwegs durch kleine, schmale innerstädtische Grünanlagen wird schon lange von AnwohnerInnen und Fachleuten kritisiert. Besonders eindrucksvoll war das im übervollen Saal im Rathaus Tiergarten zu erleben, im März 2018. Damals wurden bessere Bürgerinformationen und keine weiteren Baum- und Strauchfällungen dort am südlichen Spreeufer versprochen.

Offensichtlich hat die Verwaltung die damaligen Pläne unbeeindruckt fortgeführt. Nun müssen die Bauarbeiten starten, denn jetzt gibt es Geld vom Bund (GRW-Mittel „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, Sechs Millionen neunhundertachtundneunzigtausend Euro , 6.998.000 Euro, Stand 2018 ).

Die Planung sieht so aus:
Vier Meter breiter Radweg: Mittig drei Meter Asphaltbahn plus beiderseits 50 cm Kleinpflaster plus Kantenstein. In der Bauphase zusätzlich beiderseits 0,25 bis 1 Meter breiter Arbeitsstreifen.
S u m m e: Auf bis sechs Meter Breite wird sämtliche Vegetation für zwei Jahre Bauzeit vernichtet. Und zwar in der nach Berliner Grünflächengesetz geschützten Grünanlage „Schleswiger Ufer, Spreeuferpromenade“.

Die BI „Rettet das Spreeufer“, weitere AnwohnerInnen und FUSS e.V., Grüne Radler, Die Naturfreunde, Grünzüge für Berlin u.a. protestierten, sodass Bezirksstadträtin
Dr. Neumann kurzfristig zu einem Gespräch am 15. Februar nachmittags einlud. Treffpunkt vor dem „BaumkuchenCafé“ an der Moabiter Brücke. (Bis dahin sollte ein Baustopp gelten; wurde nicht eingehalten). Etwa 60 Menschen trafen ein, nach kurzer Begrüßung und Einführung durch Frau Dr. Neumann liefen sie via Holsteiner Ufer zum Wendekreis vor der Lessingbrücke, um bei weniger Straßenlärm Argumente auszutauschen.

Frau Dr. Neumann, Bezirksstadträtin, am Treffpunkt Moabiter Brücke /Holsteiner Ufer

Wieder warben die grüne Bezirkstadträtin und noch deutlicher Amtsleiter Kyek (Straßen- und Grünflächenamt) für den Fernwanderradweg. Sie priesen die Asphaltoberfläche als Segen für Behinderte und Kinderwagen. Die Aufheizung im Sommer sei nicht so schlimm und überhaupt hätte man wunderbare Klimaprojekte woanders in Mitte mit positiver Umweltbilanz.

Die Bürgerinitiative „Rettet das Spreeufer“ forderte Abstriche an der Bauschneise (bis zu 6 Meter!), um Sträucher und Bodendecker für Nachtigall, Amsel, Rotkehlchen, Zaunkönig und Co. zu erhalten – und die Freude der SpaziergängerInnen an ihnen. Statt der klimaschädlichen Asphaltierung fordert sie eine wassergebundene Oberfläche. Die trägt weniger zur Aufheizung der Stadt bei, ist ästhetischer und gelenkschonender für Fußgänger und Jogger und kann beradelt werden, ohne zum Rasen einzuladen. Eine wassergebundene Wegoberfläche ist auch für Rollatoren und Kinderwagen o.k. Die Fußgängerlobby FUSS e.V. meint: „Der Weg soll zu Entspannung und Langsamkeit motivieren, nicht zum Schnellfahren. … Auf so einem Spazierweg können sich Menschen zu Fuß und auf dem Rad gut arrangieren.“

Sonja Kreitmair stellte sich als Vorsitzende des BVV-Ausschusses für Umwelt, Natur, Grünflächen und Klima und SPD-Mitglied vor und betonte, dass der geplante Fernradwanderweg unverzichtbar für den Fremdenverkehr sei. Berlins Wirtschaft lebe vom Tourismus und man müsse ihn fördern.

Dass die ersehnten Touristen keinen ausgebauten Radweg benötigen, zeigten zwei Leute auf einem Elektro-Stehroller, die plötzlich schnell und kreischend um die Bürgergruppe herum rasten. Unbeeindruckt von Bausperren, Verbotsschildern und gebotener Rücksichtnahme sausten sie unter der Lessingbrücke durch – in die Grünanlage „Schleswiger Ufer, Spreeuferpromenade“. Die Realität führte die weichgespülten Argumente des Bezirksamtes ad absurdum.

Bezirksstadträtin Dr. Neumann und Amtsleiter Kyek vor der Lessingbrücke mit kritischen BürgerInnen

Schlimm und problematisch ist, dass Senat und Bezirk Mitte sich offenbar nicht um eigene, wichtige Erkenntnisse und frühere Planungen scheren. Als Beispiel wurden die „Grünen Hauptwege“ genannt, die im dicht bebauten Berlin zwischen vorhandenen Grünflächen und Parks und Wohnquartieren Verbindungen schaffen sollen. Selbst möglichst begrünt, sollen sie den Bewohnern erholsames, naturnahes Spazieren ermöglichen.
Planerisch sind sie Teil des Landschaftsprogramms Berlins, des grünen Fachplans zum Flächennutzungsplan. Beide sind für die Verwaltung bindend. Der „Grüne Hauptweg Nr. 1: Spreeweg, Berliner Urstromtal“ führt entlang des südlichen Spreeufers genau durch den Abschnitt „Bezirksgrenze bis Lutherbrücke“, der nun mit Bundes-Geld und Bezirksplanung zum Fernradwanderweg denaturiert werden soll.

Weder die Bezirksstadträtin noch der Amtsleiter für Straßen- und Grünflächen gingen auf diese Argumente ein (sie wurden ihr schon vor dem Treffen schriftlich übermittelt). Auch nicht auf den Hinweis, dass am Spreeufer – mal südlich, mal nördlich – der „Senatsnetz-Radweg“ entlang führt, zum Teil auf kürzlich glatt asphaltierten Nebenstraßen (Hansa-Ufer) oder durch geräumige Grünflächen (sog. Präsidentendreieck). Ich selbst habe kritisiert, dass den BürgerInnen keine Pläne der akuten Baumaßnahmen zugänglich gemacht wurden, trotz Bitte darum. Da wurde tatsächlich geantwortet, die Bürger könnten die Baupläne nicht verstehen…
In der Tat! Aber Pläne lesen können sie.
Sie möchten z.B. in den Plänen sehen, wie der „ Erhalt des Mosaiksteinbelages im denkmalgeschützten Bereich der Schlossanlage Bellevue“ (PM 01.02.2022) gewährleistet wird, wie dort das „historische Geländer in Richtung Spree versetzt“ – und die begrünte Uferböschung für die Verbreiterung des Weges aufgeschüttet werden soll?


B. Nake-Mann
21.02.2022

Bürgerinnen und Bürger – schützt eure Grünanlage „Essener Park“ vor Umwandlung!

Der Essener Park in Moabit ist ein Geheimtipp. Von Stromstraße,  Alt Moabit, Krefelder und Essener Straße eingeschlossen, ist er eine ruhige und grüne Oase im verkehrsbelasteten Moabit.

Essener Park: Lage zwischen Essener Straße im Süden, Alt Moabit im Norden, Krefelder Str. im Westen und Stromstraße im Osten. Zwei Drittel im öffentlichen Eigentum, ein Drittel im eigentum des schwedischen Wohnungskonzerns AKELIUS

Essener Park: Lage zwischen Essener Straße im Süden, Alt Moabit im Norden, Krefelder Str. im Westen und Stromstraße im Osten. Zwei Drittel im öffentlichen Eigentum, ein Drittel im Eigentum des schwedischen Wohnungskonzerns AKELIUS.

Das Gelände ist ein Rest des Parks, den der Unternehmer August Borsig um seine Moabiter Villa hatte anlegen lassen. Etwa ein Drittel der grünen Fläche gehört heute zu den privaten Grundstücken Essener Straße 2 – 6 (AKELIUS). Zwei Drittel sind „Geschützte Grünanlage“ im öffentlichen Eigentum. Zuständig für Pflege und Verkehrssicherheit ist das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) des Bezirks Mitte von Berlin.

Ballspiel am Abend im Essener Park

Ballspiel am Abend im Essener Park

Am 1. August 2016 kamen abends einige Mitglieder der Stadtteilvertretung Turmstraße im Essener Park zu einem Ortstermin zusammen. Sie wollten den Park kennenlernen und sich von Mitgliedern des KoSP-Büros informieren lassen. Denn es gibt „Überlegungen, Gespräche und Wünsche von SGA  und Stadtplanungsamt“, den Essener Park betreffend. Deshalb kamen auch einige MoabiterInnen zu diesem Treffen dazu: Mitglieder der „Bürgerinitiative Essener Park“, die in den 1970er bis 1990er Jahren gegen Bebauungsabsichten lange und schließlich erfolgreich gekämpft hatten. Mitglieder der „Initiative für sorgsamen Umgang mit unseren Grünanlagen“, der BI Kleiner Tiergarten/Ottopark und der BI SilberahornPLUS.

Eine der großen Pappeln im Essener Park

Eine der großen Pappeln im Essener Park

Die Linde im östlichen Teil des Essener Parks

Die Linde im östlichen Teil des Essener Parks

 

 

 

 

 

 

 

 

Herr Preuss vom KoSP-Büro, der das Sanierungs- und Aktive Zentren-Gebiet Turmstraße im Auftrag des Bezirksamts Mitte betreut und koordiniert, berichtete:
Das Grünflächenamt möchte den Essener Park abgeben, d.h. nicht mehr für seine Pflege verantwortlich sein und ihn aus dem Vermögen des SGA entfernen.
Es habe Gespräche innerhalb der Verwaltung gegeben mit dem Ergebnis, dass das Jugendamt bereit sei, den Essener Park zu übernehmen. Es habe auch Gespräche mit AKELIUS gegeben, denn diese Eigentümerin müsste ja auch einverstanden sein.

BürgerInnen fragten nach:
Soll der Essener Park verkauft werden? Will AKELIUS hier bauen – wie am Hansa Ufer 5?

Hier in der Essener Straße war der öffentliche Zugang zu der öffentlichen Grünfläche "Essener Park" . Das Grünflächenschild ist noch da; der Zugang aber verschlossen (vermutlich durch Eigentümer AKELIUS)

Hier in der Essener Straße war der öffentliche Zugang zu der öffentlichen Grünfläche „Essener Park“ . Das Grünflächenschild ist noch da; der Zugang aber verschlossen (vermutlich durch Eigentümer AKELIUS).

Zu AKELIUS äußerte sich Herr Preuss nicht. Aber zu den Absichten der Verwaltung könne er sagen: der Essener Park soll im öffentlichen Eigentum bleiben, daran ändere ein Wechsel vom SGA zum Jugendamt nichts. Für die laufende Pflege müsse eine Lösung gefunden werden, die könnte dadurch erreicht werden, dass Kitas Nutzung und Pflege übernähmen. Der Verein „Moabiter Ratschlag“ sei gebeten worden, mit Kitas im Einzugsbereich Kontakt aufzunehmen. Der Moabiter Ratschlag solle auch die weitere Betroffenenbeteiligung organisieren.
Zur nächsten Beiratssitzung* sei Frau Hohmann vom Moabiter Ratschlag eingeladen.
Danach solle sie auch in die Monatssitzung der Stadtteilvertretung Turmstraße eingeladen werden, schlug ein STV-Mitglied vor.
* Beirat = Sanierungsbeirat Turmstraße, besteht aus Bezirksverwaltungs- und Senatsverwaltungsmitgliedern, KoSP-Büro, Geschäftsstraßenmanagement Turmstraße, Redakteurin ecke-turmstraße, SprecherInnen der STV-Turmstraße.

Für manche der STV-Mitglieder war vielleicht interessant, dass engagierte BürgerInnen sich
erstens klar für ein Weiterbestehen des Essener Parks als „Öffentliche Grünfläche“ aussprachen. D.h.: im Verantwortungsbreich des SGA.
Damit bliebe der Park offen für alle und wie bisher nutzbar für Kitas. Einer Verbesserung des Parks durch weitere Spielgeräte steht wohl nichts im Wege.

Zweitens wurde die Vorfestlegungen auf Kita-Verantwortlichkeit für die Parknutzung und die Organisation der Betroffenen-Beteiligung durch den Verein Moabiter Ratschlag kritisch gesehen. Warum wird kein anderer Moabiter Verein oder ein Spezialbüro für Bürgerbeteiligung mit der „Betroffenen-Beteiligung“ beauftragt?  Warum diese Eile: „nächste Beiratssitzung!“ ?

Der Zugang zum Essener Park ist über die Stromstraße 67 offiziell möglich. aber kein Schild weist auf diese Möglichkeit hin.

Der Zugang zum Essener Park ist über den Hofzugang der Stromstraße 67 offiziell möglich. aber kein Schild weist auf diese Möglichkeit hin.

Warum definieren Verwaltung und KoSP-Büro nicht nur ihr Problem: „Der Essener Park ist weniger genutzt, als wir es uns wünschen und wir brauchen eine Lösung der Parkpflege“ – und fragen dazu die AnwohnerInnen und interessierten MoabiterInnen? Ohne Vorgaben seitens der Verwaltung!?

Ehrliche Bürgerbeteiligung akzeptiert, dass im Prozess der Beteiligung bei offener Problembeschreibung Ideen und Lösungsvorschläge entstehen, die zu Anfang noch überhaupt nicht gesehen wurden. Nicht von der Verwaltung, nicht von einem Koordinierungsbüro.

Dann muss aber die Bürgerbeteiligung von einer Institution organisiert werden, die solch eine offene, konstruktive Problembearbeitung will und durchführen kann.
Bürgerinnen und Bürger – schützt eure Grünanlagen !

Fluchtweg durch die Grünanlage - zur Zeit durch AKELIUS versperrt.

Fluchtweg (für das Hotel in Alt Moabit) durch die Grünanlage – zur Zeit durch AKELIUS versperrt.

B. Nake-Mann, 2. Aug. 2016