BVV-Anträge zur Jugendverkehrsschule im Frühjahr 2016
Im März 2016 hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Mitte den Antrag der LINKEN an das Bezirksamt „JVS Bremer Straße 10 nicht schließen!“ mit großer (überraschender) Mehrheit angenommen. Dann wurde in der BVV im April der Antrag des Bezirksamtes (BA), die Jugendverkehrsschule Bremer Straße in Moabit zu schließen, mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Doch damit ist die JVS Moabit in der Bremer Straße 10 noch nicht gerettet und ihr Betrieb nicht verbessert.
Denn weiterhin will der Bezirksbürgermeister das Gelände bebauen. Weiterhin behauptet die Schulstadträtin, dass e i n e JVS (in Wedding) für ganz Mitte ausreiche. Weiterhin wird die Nutzung der JVS Bremer Straße durch das Schulamt abschreckend gestaltet. Beispielsweise: Offizieller Saisonbeginn war: nach den Osterferien. Also am 4. April 2016. Aber erst Mitte April wurde das Wasser in den Toiletten im Schulungshäuschen wieder angestellt. Mehrmals hat die „Arbeitsgruppe JVS“ die Reparatur von Fahrrädern angemahnt: erst kürzlich hat die Schulstadträtin für Ende Juni 2016 einen beauftragten Reparateur in Aussicht gestellt … dann beginnen bald die Sommerferien. – Umständliches Schlüsselabholen und -zurückbringen für die Lehrkräfte, wie gehabt.
Thematische Stunde zur JVS Moabit in der BVV am 16. Juni 2016
Anfrage und Anträge
In die Sitzung der BVV am 16. Juni hatte die Fraktion Die LINKE eine Große Anfrage und zwei Anträge zu den Jugendverkehrsschulen in Mitte eingebracht. Die Große Anfrage „Nicht auf Landesmittel …verzichten!“ (Drs. 2787/IV) thematisiert die falsche Zahl der aktiven Jugendverkehrsschulen in Mitte in der Senatsvorlage über „Außerschulische Lernorte“. Darin ist für Mitte nur eine JVS (im Wedding) genannt. Mitte riskiert also, von der zugesagten Senatsförderung für außerschulische Lernorte nur Fördermittel für eine JVS zu erhalten. Was hat das Bezirksamt unternommen, um die Fehlinformation zu korrigieren?
Der Antrag „JVS Bremer Straße sichern ….“ (Drs. 2786/IV) ersucht das Bezirksamt, den Betrieb der JVS Bremer Straße zu gewährleisten, auch in den Sommerferien, und für eine nachhaltige Sanierung Mittel ausfindig zu machen. Beispielsweise habe die Stadtteilvertretung Turmstraße das BA auf AZ- und Sanierungsmittel hingewiesen. (Anmerkung BN-M: Die JVS Moabit liegt im Wahlbereich der STV Turmstraße!)
Der zweite Antrag der LINKEN ersucht das BA, das „Infrastrukturkonzept für die Mobilitätserziehung im Bezirk Mitte“ vom Mai 2015 fortzuschreiben (Drs. 2792/IV). Mit der Verankerung der Jugendverkehrsschulen im Berliner Schulgesetz, mit dem offensichtlich wachsenden und erweiterten Bedarf und stadtentwicklungspolitischen Anforderungen an diese Bildungsinfrastruktur sei die Notwendigkeit der Fortschreibung klar. Auch wird das BA ersucht, „an der Fortschreibung des Konzeptes Kitas, Schulen und die Schulaufsicht sowie weitere Bildungseinrichtungen, Nachbarschaften und interessierte Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen“. (Anmerkung BN-M: und nicht nur „Im Rahmen der Umsetzung der Maßnahmen wird es Bürgerbeteiligungsverfahren geben ….“ O-Ton BA in der VzK 1687).
Antworten, Ausreden und Abstimmungen
Bezirksschulstadträtin Sabine Smentek eröffnete die „Thematische Stunde“ mit dem Vorwurf an die BVV, dass die Ablehnung der Schließung der JVS Moabit die Sanierung der JVS Wedding ebenso verhindert hätte wie eine Verbesserung der Verkehrsserziehung durch eine „Mobile JVS“ – damit ist ein LKW gemeint, der mit Verkehrszeichen, Fahrrädern und Helmen zu Schulen fährt, die einen geeigneten Schulhof oder Straßenraum fürs Üben haben.
Die Große Anfrage beantwortete sie so: Wir (Schulamt) sind nicht gefragt worden, haben also auch nicht geantwortet, dass Mitte nur eine JVS habe. Nicht wir, die Senatsverwaltung ist verantwortlich. Telefonisch habe man mit der Zuständigen in der Bildungssenatsverwaltung gesprochen und erfahren, dass nun Qualitätsstandards für Jugendverkehrsschulen als Grundlage für die Mittelvergabe erarbeitet werden. In die abzuschließenden Zielvereinbarungen könnten auch zwei Jugendverkehrsschulen von Mitte einbezogen werden.
Für die antragstellende LINKE bedauerte Petra Schrader, dass die Schulstadträtin nicht auf das konstruktive Angebot eingegangen ist, zum Wohl des Bezirks das „Infrastrukturkonzept Mobilitätserziehung“ fortzuschreiben und den mühsamen, z.T. durch Ehrenamtliche aufrecht erhaltenen Betrieb der JVS Moabit (für Kitas, Schulen, Flüchtlingskinder und -frauen) zu verbessern und zu sichern.
Für die SPD-Fraktion sprach Udo Sack. Er deutete den neuen § 124a im Berliner Schulgesetz so, dass pro Bezirk nur e i n Standort einer Jugendverkehrsschule notwendig sei. Er bedauerte, dass Frau Schrader nicht auf den Antrag „Bremer Straße zu einem ökologisch-sozialen-pädagogischen Nahraum entwickeln“ eingegangen sei. Den hatten SPD und Grüne im März 2016 eingebracht und abgestimmt, Drs. 2667/IV. Seine Fraktion warte auf das in diesem Antrag angeregte Gutachten, da werde man ja sehen, was für die JVS Moabit und die Verkehrsserziehung möglich ist.
Er beantragte, den Antrag der LINKEN „JVS Bremer Str. 10 sichern, nachhaltig entwickeln und Betrieb gewährleisten!“ ( Drs. 2786/IV), in den Hauptausschuss zu überweisen. Der Antrag Drs. 2792/IV (Infrastrukturkonzept …fortschreiben) dagegen solle sowohl in den Schulausschuss als auch in den Hauptausschuss überwiesen werden.
Für die CDU-Fraktion sprach Thorsten Reschke. Er dankte Frau Schrader für ihre sachliche Antwort und kritisierte den Umgang des hauptamtlichen Bezirksamtes mit den ehrenamtlichen BVVlern. Die CDU sei einverstanden mit der Überweisung des Antrags Drs. 2786 in den Hauptausschuss. Sie sei aber gegen die Überweisung des Antrags Drs. 2792/IV (Infrastrukturkonzept Mobilitätserziehung fortschreiben ….) in zwei Ausschüsse. Denn dann komme er nicht mehr in die BVV – vor Herbst 2016, dem Ende der Legislaturperiode!
Für die Piraten-Fraktion sprach Alexander Freitag: seine Fraktion unterstütze beide Anträge der LINKEN. Er betonte den erhöhten Bedarf an Übungs- und Lernmöglichkeiten für die Verkehrssicherheitserziehung der neu angekommenen ausländischen BürgerInnen.
Die Fraktion B90/Die Grünen äußerte sich nicht.
Frau Schrader erläuterte nun ihre beiden Anträge weiter. Dann wies Herr Sack auf die unterschiedlichen JVS-Ausstattungen in den Berliner Bezirken hin, behauptete sinkenden Bedarf wegen weniger SchülerInnen, verwies auf Finanzen (Konzept ausweiten = finanzpolitische Diskussion) und man solle doch die Ergebnisse der Bremer Straßen-Untersuchung („Gutachten“) abwarten.
Die beiden Anträge der LINKEN werden abgestimmt: Einstimmig überweist die BVV den Antrag: „JVS Bremer Str. sichern ….“ (Drs. 2786/IV) in den Hauptausschuss.
B90/Grüne und SPD entscheiden, dass der Antrag „Infrastrukturkonzept Mobilitätserziehung ….fortschreiben“ ( Drs. 2792/IV) in zwei Ausschüsse überwiesen wird: in den Schulausschuss und in den Hauptausschuss; die drei anderen Fraktionen stimmen gegen diese Doppelüberweisung.
Anmerkungen von BN-M
Das Schweigen der Grünen und das Vertrösten auf Ergebnisse des „Gutachtens zur Bremer Straße“ durch die SPD-Fraktion sowie das Abstimmungsverhalten der beiden Fraktionen signalisiert mir: sie spielen auf Zeit. Zermürbungstaktik gegenüber den engagierten JVS-FreundInnen. Grüne und SPD halten sich die Option offen, die JVS Moabit den Kindern – und darüberhinaus Jung und Alt – wegzunehmen und zu bebauen – nach der Wahl im September 2016 .
Ärgerlich ist auch Folgendes:
In der BVV am 16. Juni weist Udo Sack mehrmals auf das „Gutachten“ zur Bremer Straße infolge des rot-grünen Antrags vom März 2016 (Drs. 2667/IV) hin, dessen Ergebnisse doch abzuwarten seien.
Zwei Tage vorher, in seiner Sitzung am 14. Juni hat aber das Bezirksamt (Bürgermeister und die vier Bezirksstadträte) als Schlussbericht über den Antrag Drs. 2667/IV zur Kenntnis der BVV beschlossen (VzK 1687) , Seite 3:
„Derzeit stehen keine personellen Ressourcen und keine bezirkseigenen Mittel zur Verfügung, um für den Nahraum Bremer Straße ein InfrastrukturKonzept mit intensiver Bürgerbeteiligung zu erstellen. ….“
Falls die Bezirksstadträtin ihre Fraktion über diesen Beschluss vom 14.6.16 nicht rechtzeitig informiert haben sollte (was ich nicht annehme), dann hätte sie – oder der federführende Baustadtrat – doch in der BVV am 16.6.16 klärend darauf hin weisen müssen, dass Udo Sacks Warten auf das Gutachten auf eine sehr lange Bank geschoben worden ist ……………………..
Dieser Beschluss aus der BA-Sitzung vom 14.6.2016 wurde der BVV am 16.6.2016 zur Kenntnisnahme nicht vorgelegt – andere BA-Beschlüsse vom 14. Juni 16 aber doch!
Ich bin entsetzt und traurig über das Nebelwerfen der Schulstadträtin bei ihrer Antwort auf die Große Anfrage (Drs. 2787/IV) und über das Leisetreten der Grünen.
B. Nake-Mann
23. Juni 2016