Pünktlich zum „Tag der Städtebauförderung“, wurde heute mit Luftballons und Kinderbelustigung der letzte Bauabschnitt der Parkumgestaltung KTO (Kleiner Tiergarten/Ottopark) der Öffentlichkeit übergeben.

Eröffnung Kleiner Tiergarten, 7. Bauabschnitt: Baustadtrat Spallek gibt das Signal zum Luftballonsteigenlassen
Mit Geld von Bund und Land Berlin war der Bezirk Mitte ab 2010 in die Lage versetzt worden, den bis dahin aus Mangel an Pflegepersonal vernachlässigten kleinen Park (6,2 ha) in Moabit zu verändern. Dazu wurde vom Berliner Senat ein europaweiter Wettbewerb ausgeschrieben, den das Büro Latz & Partner aus Bayern gewann. Anfang 2010 waren auch die jahrelangen Bemühungen des Landesdenkmalamtes erfolgreich, den Kleinen Tiergarten als „Gartendenkmal“ zu schützen. Geschützt werden sollte die Parkgestaltung von Willy Alverdes, der in den 1950er und 1960er Jahren den kriegszerstörten Kleinen Tiergarten und den Ottopark neu geplant hatte. Gartenamtsdirektor Alverdes wollte mit dem Kleinen Tiergarten und dem Ottopark den BewohnerInnen des dicht bebauten Moabit Orte der Erholung bieten, wie Bewohner anderer Bezirke sie im eigenen Gartengrundstück finden. Deshalb plante er „Gartenhöfe“ mit Blumenbeeten und Wasserbecken, „Sitznischen“ mit Bänken und Staudenbeeten davor und den „Senkgarten“ mit Springbrunnen und Blumenbeeten, von lichten Fontanesiensträuchern eingefasst. Für Kinder sah er Spielplätze vor und in jeder seiner Parkanlagen gab es ein „Regenschutzdach“, gegen einen überraschenden Schauer. So entstand im Kleinen Tiergarten die Regenschutzhalle am Rand einer der drei Gartenhöfe. Gegen die angrenzenden Straßen – Turmstraße, Stromstraße, Alt Moabit – pflanzte Willy Alverdes einen schützenden „Sträucherwall“ – sorgfältig komponiert aus blühenden Sträuchern und immergrünen Laub- und Nadelgehölzen.
Von all dem ist im Kleinen Tiergarten nach der Umgestaltung wenig übrig geblieben. Mit viel Geld von Bund und Land (7,8 Millionen Euro, Stand 2015, inzwischen wahrscheinlich mehr) wurde der Park pflegeleicht und „transparent“ umgestaltet. Vorgebliches Ziel: Ein Park für alle! Die Planer Latz & Partner formulierten sogar ihre Absicht, „den Park ideell bis zu den angrenzenden Straßenfassaden zu erweitern“. Die Gartenhöfe sind gepflasterte Verkehrsflächen geworden, die Regenschutzhalle erhielt ein regendurchlässiges Dach, Beete der ehemaligen Sitznischen verschwanden unter Bodendeckerbepflanzung oder sind nun Teil der „aktiven Ränder“ (O-Ton Latz & Partner), d.h. der zahlreichen breiten Eingangsflächen Richtung Straße Alt Moabit.
Heute war bei der „Einweihung“ der zuständige Gartendenkmalpfleger der Senatsverwaltung nicht dabei. Aber Bernd Krüger, Erforscher und Kenner der Parkplanungen der 1950er Jahre in Berlin, führte gemeinsam mit den Planern G. Gruber und M. Stegmeier von Latz & Partner durch den umgestalteten Kleinen Tiergarten. Da er die schwierigen Verhandlungen über die Umgestaltung des KTO im Senat miterlebt hat, war B. Krüger zufrieden mit dem Ergebnis: „Mehr war nicht zu erreichen“.
Aber die engagierten BürgerInnen, die viele Stunden ehrenamtlicher Pflegearbeit eingesetzt haben (Herbst 2012 bis Sommer 2013) und weiter pflegen wollten, um das Gartendenkmal zu retten (s. hier) – sie sind enttäuscht und empört: Der Berliner Senat und die Verwaltung von Berlin-Mitte missachten uneigennütziges bürgerschaftliches Engagement für die Parkpflege und das Gartendenkmal überhaupt (das von der Firma Wall gesponserte Becken im Senkgarten ist kein Gegenbeispiel).
Dass der vernachlässigte Spielplatz am Ostrand des Parks neu gestaltet und möbliert wurde, ist attraktiv für Moabiter Kinder und Eltern. Dass viele der im Jahr 2012 geäußerten Wünsche von Eltern dabei vernachlässigt wurden – was schert es die Planer und die Verwaltung. Neu ist attraktiv, basta.
Dass viele der heutigen Besucher die Parkgestaltung von Alverdes nicht vermissen, weil sie sie nie kennengelernt haben, ist nicht verwunderlich. Ärgerlich aber bleibt, dass die Berliner Verwaltung, die das Gartendenkmal respektieren müsste und außerdem das Pflegeangebot von engagierten BürgerInnen kannte, sich mit souveräner Verachtung über Gartendenkmalschutz, Baumschutz, Klimafolgen und Gesundheitsbelange hinwegsetzt.
B. Nake-Mann, 21. Mai 2016