Archiv für den Monat Februar 2013

Trost der Bäume

Wer will, kann an die Zeile von Günter Eich denken:
„Wer möchte leben ohne den Trost der Bäume!“

Heute, an diesem trüben Morgen,  bin ich um den abgesperrten Kleinen Tiergarten-West herumgegangen. Einige der sinnlos gefällten Bäume habe ich am 20.2.13 auf unserem blog im Foto vorgestellt: deren Stämme und Äste sind jetzt schon fast alle weggeräumt. Sinnlos gefällt wurden die Bäume, weil nicht diese Bäume „verantwortlich“ waren für eine gewisse Undurchsichtigkeit im Park. Für die Undurchsichtigkeit kann man allenfalls bestimmte Büsche „verantwortlich“ machen. Aber die rechtfertigenden „Argumente“ wechseln ja, wie sie gebraucht werden oder für nützlich erachtet werden, von den Planern, von der Verwaltung, von den PolitikerInnen.

Zurück zum „Trost der Bäume“ – ich habe mit Freude einige Bäume begrüßt, die auf der ursprünglichen Fäll-Liste der Planer Latz + Partner standen, und die durch Bürgerengagement gerettet wurden. Beispielsweise:

Der gerettete Silberahorn-Baum trägt noch den rot-weißen Streifen, mit dem das "Hilfe!-Plakat befestigt war.

Der gerettete Silberahorn-Baum trägt noch den rot-weißen Streifen, mit dem das „Hilfe!-Plakat befestigt war.

Auch dieser wohlgestaltete Eschenahorn-Baum stand auf der Fäll-Liste von Latz + Partner

Auch dieser wohlgestaltete Eschenahorn-Baum stand auf der Fäll-Liste von Latz + Partner

Diese alte Eiche sollte fallen, weil sie den Blick auf den Ostgiebel der Heilandskirche verdeckt.

Diese alte Eiche sollte fallen, weil sie den Blick auf den Ostgiebel der Heilandskirche verdeckt.

Das wollte dann selbst die Kirchengemeinde nicht.

Ausgerechnet heute –

da die Baumfällungen im Kleinen Tiergarten – West beginnen, lese ich im Buch „Gärten und Parks in Brandenburg“ auf Seite 69:

Habt Ehrfurcht vor dem Baum.
Er ist ein einziges großes Wunder,
und euren Vorfahren war er heilig.
Die Feindschaft gegen den Baum
ist ein Zeichen der Minderwertigkeit
eines Volkes und von niederer Gesinnung des einzelnen.

Alexander von Humboldt (1769 – 1859)
in: Gärten und Parks in Brandenburg
MONUMENTE  Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz,  2. Aufl. 2011

Welche Erfahrungen mögen wohl Alexander von Humboldt zu diesem „Appell“ veranlasst haben? Engagierte BürgerInnen haben im Frühjahr 2011 – vergeblich – an Politik und Verwaltung von Berlin appelliert ….

Heute und in den kommenden Tagen kann man im Kleinen Tiergarten-West leider solche Bilder sehen:

Von Hebebühnen aus werden die großen Bäume im Kleinen Tiergarten-West Stück für Stück umgebracht. Hier: die Robinie nahe Alt Moabit.

Von Hebebühnen aus werden  große Bäume im Kleinen Tiergarten-West Stück für Stück umgebracht. Hier: die Robinie nahe Alt Moabit.

Baumfäller bei der Arbeit - an der Robinie

Baumfäller bei der Arbeit – an der Robinie

Das war eine Linde.Im übrigen: Durchblick von Alt Moabit zur Turmstraße

Das war eine Linde.
Im übrigen: Durchblick von Alt Moabit zur Turmstraße

Der Spänehaufen - war ein Ahornbaum.Im Hintergrund werden Sträucher ausgebaggert.

Der Spänehaufen – war ein Ahornbaum.
Im Hintergrund werden Sträucher ausgebaggert.

Das war ein großer Silberahorn-Baum ....
Der Baumstumpf   …    war  gerade noch ein großer Silberahorn-Baum ….

Arbor Cultura (Baum Kultur) heißt die Firma, die effektiv die großen Bäume im Kleinen Tiergarten  "entnimmt", wie der Planer sagt

Arbor Cultura (Baum Kultur) heißt die Firma, die effektiv die großen Bäume im Kleinen Tiergarten „entnimmt“, wie der Planer sagt

Die armen Planer! Latz + Partner ….

Heute soll mit Empathie an die Landschaftsarchitekten Latz + Partner, mit Sitz im bayerischen Kranzberg, gedacht werden. Sie haben sich 2010 mit 15 anderen Büros am landschaftsplanerischen Wettbewerb „Kleiner Tiergarten/Ottopark “ beteiligt. Sie haben die Auslobung (durch den Berliner Senat) befolgt und von der Jury (4 Fach-, 3 SachpreisrichterInnen) den ersten Preis zugesprochen bekommen. Spätestens seit der Vorstellung aller Wettbewerbsentwürfe und der „Siegerehrung“ in der Arminiusmarkthalle im August 2010 muss ihnen aber aufgegangen sein, dass zwischen Verwaltung (Senat, Bezirksamt) und engagierten BürgerInnen in Moabit große Meinungs-unterschiede darüber bestehen, wie der KT/O verbessert werden soll. Doch Latz + Partner sind nicht nur der Kritik aus der Bürgerschaft ausgesetzt.

Sie werden auch von der Verwaltung im Stich gelassen! Ihr „schöner Plan“ wird von der Berliner Verwaltung verhunzt. Ein Beispiel: die Thusnelda Allee. In der Auslobung wurde die Absicht der Verwaltung beschrieben, aus der Thusnelda Allee einen verkehrsberuhigten Stadtplatz zu machen, durch den nur noch Linienbusse fahren sollten. Dementsprechend planten Latz + Partner einen „Marktplatz“ und ließen auf ihren Simulationen von dort den Blick in den neu gestalteten Ottopark schweifen. So auch noch auf der Bautafel für den Ottopark.

Bautafel an der Thusnelda Allee: Blick über Sitzkiesel in das Rasenoval des neu gestalteten Ottoparks. Rechts: Marktstände an der Thusnelda Allee. Keine Busse, keine parkenden oder fahrenden Autos.

Bautafel an der Thusnelda Allee: Blick über Sitzkiesel in das Rasenoval des neu gestalteten Ottoparks.
Rechts im Bild: Marktstände an der Thusnelda Allee. Keine Busse, keine parkenden oder fahrenden Autos.

Da war inzwischen aber klar, dass die Berliner Verkehrsbetriebe und die Verkehrsplanung die Idee eines auch Bus-freien Platzes, den viele AnwohnerInnen wünschten, nicht mitmachen würden. Der Bauabschnitt 3, Umgestaltung Thusnelda Allee ist vertagt …
Zumindest sollen aber die parkenden Autos  auf der Thusnelda Allee vor dem Ottopark verschwinden (stand 2012 in der unzuverlässigen „ecke turmstraße“).

Fünf von den üblicherweise 7 bis 10 parkenden Autos entlang der Thusnelda Allee

Fünf von den üblicherweise 7 bis 10 parkenden Autos entlang der Thusnelda Allee

Selbst wenn das gelingt, wird der „weite Blick“ der Latz’schen Planung nur selten zu erleben sein. Zwei Buslinien und der PKW- und Lieferverkehr verdecken im 4 – 7 Minuten-Takt  den Blick ins „Rondell“.

Blick vom Vorplatz der Heilandskirche zum neu gestalteten Ottopark

Blick vom Vorplatz der Heilandskirche zum neu gestalteten Ottopark

Latz + Partner wissen sich zu helfen und zeigen in ihren neueren Veröffentlichungen nur noch den Blick vom Sitzkiesel ins Rondell.

Blick vom Sitzkiesel an der thusnelda Allee in den Ottopark. Quelle: Präsentation Latz + Partner

Blick vom Sitzkiesel an der Thusnelda Allee in den Ottopark. Quelle: Präsentation Latz + Partner

P.S. Die Idee zu diesem Beitrag gab mir der Beschluss der Stadtteilvertretung mit seiner Wendung „…..damit die Entwurfszeichnungen Wirklichkeit werden“. BN-M

“ im Großen und Ganzen zufrieden “ …

… ist die Stadtteilvertretung Turmstraße mit der realisierten und der geplanten Umgestaltung des Ottoparks und des Kleinen Tiergartens. Den entsprechenden Beschluss vom 28.1.13 kann man samt Erläuterungen von „Maik“ auf der website der STV lesen.
Doch wirklich überzeugend ist diese Zustimmung mit Zweidrittelmehrheit  (wieviele waren überhaupt anwesend?) inhaltlich nicht:

Was sollen die Planer Latz + Partner und die Verwaltung folgern, wenn sie lesen, dass die STV meint,  „durch die Formulierung ‚im Großen und Ganzen’ deutlich zum Ausdruck gebracht  (zu haben), dass die STV durchaus Mängel sieht.“ ?
Es wäre doch sinnvoll, Mängel in der Ausführung zu benennen, damit sie im 5. und 6. und 7. Bauabschnitt nicht wiederholt werden!
Nur beispielsweise:

  • zu enge Anordnung der Spielangebote, so dass sich Streetball und Kleinkindspiel im Kieskasten und auf den grünen Betonhubbeln in die Quere kommen.
  • Gefahrgeneigte Kletterangebote (Dreieckdach), die so nicht gemeint waren.
  • Neu gepflanzte Sträucher auf Aufschüttungen (obwohl vorhandene Sträucher hätten erhalten werden können), die jetzt Anwachs-schwierigkeiten haben und erneut Pflegeprobleme machen.

Hat die STV eine Bestandsaufnahme der Mängel gemacht und an die Verwaltung gemeldet? Wenn Ja, wäre eine entsprechende Information der MoabiterInnen ja auch nett gewesen.

Das wäre aber nur eine Mängelmeldung zur Ausführung.

Die nach wie vor berechtigte Kritik am Konzept : unnötige Baumfällungen, Sträuchervernichtung, Reduzierung der Vegetationsflächen von 59% auf 40% im Ottopark, Öffnung zum parkenden und vorbei brausenden Autoverkehr und anderes – wollen wir von der Mehrheit der Stadtteilvertretung gar nicht erwarten. Die STV funktioniert als Zustimmungsorgan der Verwaltung, sperrt kritische Bürgerinnen von der Mitarbeit aus, kriegt es nicht fertig, laufend über ihre Arbeit zu berichten, obwohl sie eine hübsche website hat.

Noch ein weiterer Blick auf den – ausnahmsweise auf der website veröffentlichten – Beschluss der STV:  Sie „appelliert an alle Beteiligten, im Sinne ALLER Moabiterinnen und Moabiter den Prozess und die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zu respektieren, die den Gegebenheiten und Notwendigkeiten eines städtischen Parks für die gesamte Bevölkerung entsprechen müssen.“

Mit Nachsicht gehe ich nicht auf den verqueren Satzbau ein.

Aber auf den Anspruch der STV-Mehrheit, den Sinn „ALLER“ MoabiterInnen zu kennen.
Und auf ihren Irrtum, die Notwendigkeiten einen städtischen Parks für die gesamte Bevölkerung mit den Latz’schen Planungen verwirklicht zu sehen.

Zu „Allen MoabiterInnen“ gehören also nach Beschlussfassung der STV nicht die AnwohnerInnen,
…. die eine kleine grüne Oase im steinernen Moabit aufsuchen möchten und
gerade nicht die freie Sicht auf Autos und Häuserfassaden haben wollen.
…. gehören auch nicht die, die sich im Frühjahr am Gesang von Nachtigall
und anderen Singvögeln im Ottopark und Kleinen Tiergarten erfreut haben.
…. die tolerant hinnehmen, dass Obdachlose der Enge von Asylen entfliehen
und auf Parkbänken sitzen.
…. die große Bäume wertschätzen.

Ein „städtischer Park“, gerade in einem so dicht bebauten Gebiet wie Moabit, muss durch Vegetation bestimmt sein: Rasen und Bodendeckerpflanzen, Blütenstauden und Sträucher, junge und alte Bäume. Doch der Plan von Latz + Partner, von der Jury aus sieben BerlinerInnen preisgekrönt, bringt gefärbten Asphalt, vegetationslosen Boden (sog. Tenne), Bandbänke und Sitzkiesel aus teuer-edlem Beton dorthin, wo vorher Vegetation war. Herr Latz erklärt als wesentlich, dass der Park zum Straßenverkehr und zu den Häuserfassaden geöffnet wird, „sonst funktioniert der Entwurf nicht!“.

Es ist interessant und tröstlich, dass das STV-Mitglied, das sich mit dem Kleinen Tiergarten/Ottopark intensiver befasst hat, und beispielsweise auch an Informationsrundgängen von Bürgerinitiativen teilgenommen hat, den Beschluss nicht gutheißen konnte und sich bei der Abstimmung enthielt.

10.2.2013                                                                 B. Nake-Mann

Referenzfoto

In diesen schnell dahin fliegenden Tagen – schon ist der erste Monat des neuen Jahres vorbei, die Planungswerkstatt am 24. 11.12 liegt mehr als zwei Monate zurück, die Informationsveranstaltung mit Stadtbaurat Spallek wurde um einen Monat verschoben, findet aber schon in sechs Wochen statt – in diesen  zum Vergessen verführenden eiligen Tagen ist es erhellend, sich noch einmal an die Planungswerkstatt am 24. Nov. 2012 zu erinnern. Und  sich beispielsweise eine „Folie“ aus der Präsentation von Latz + Partner anzuschauen:

Eine Fotomontage, die die Situation auf dem verbreiterten Verbindungsweg zwischen Ottostraße und Turmstraße im Ottopark demonstriert.

So präsentieren Latz + Partner die Situation auf dem verbreiterten Verbindungsweg zwischen Ottostraße und Turmstraße im Ottopark.

So soll es auch auf den „neuen Promenaden“ im Kleinen Tiergarten-Ost zugehen! Platz zum Spielen auf wassergebundener Decke und gefärbtem Asphalt. Oder was sonst sollte uns das Referenzfoto in der Planungswerkstatt am 24.11.12 sagen? Zu Rückfragen war ja keine Gelegenheit beim „professionellen“ Ablauf.

Das „Referenzfoto“ führt aber in die Irre. Solch  eine geschützte Spielsituation kann es im Kleinen Tiergarten-Ost auf den sog. „Promenaden“ nicht geben. Warum?
Das „Referenzfoto“ aus dem Ottopark zeigt links die Rückfronten der Häuser an der Turmstraße. Sie schützen die Spielenden vor dem Verkehrslärm! Und rechts grenzt an die wassergebundene Decke der Zaun mit Sträuchern zum betreuten Spielplatz an. Dort durften Latz + Partner das Grün nicht wegmachen, glücklicherweise.

Wenn es nach den bisherigen Plänen von Latz + Partnern geht, dann spielen die Tischtennisspieler im Kleinen Tiergarten-Ost mit freier Sicht und ohne Zaun  zu den parkenden und vorbei brausenden Autos auf Alt Moabit oder Turmstraße. Wenn mal ein Ball dorthin rollt ….

Dieselbe Gefährdung und Belästigung durch den Straßenverkehr droht Ball spielenden Kindern oder Boule spielenden  Erwachsenen; eben allen, die Latz + Partner in ihre „aktiven Ränder“ zu Demonstationszwecken einmontieren. In der Realität würden aber Grünflächen zu Verkehrsflächen. Im steinernen Moabit darf das nicht geschehen.