Transparenz und Bürgerbeteiligung

Heute, 5. Nov. 2012  tagt der BVV- Ausschuss für Transparenz und Bürgerbeteiligung im Rathaus Berlin-Mitte. Ich hoffe, dass ich zum Tagesordnungspunkt Ö 5.1 „Beteiligungsverfahren in der Stadtentwicklung an den Beispielen Monbijoupark und Kleiner Tiergarten 1./2. Bauabschnitt“  das Wort erhalte:

Bürgerbeteiligung am Beispiel Kleiner Tiergarten/Ottopark,
2009 bis 2012

Bei allen Beratungen und Überlegungen ist zu berücksichtigen, dass es (in Berlin) grundlegende Auffassungsunterschiede zwischen Verwaltung und engagierten Bürgerinnen gibt, was „Bürgerbeteiligung“ in der Stadtentwicklung ist bzw. sein sollte.
Daraus erklärt sich auch das „gute Gewissen“ von Verwaltung und (überwiegend) PolitikerInnen, die auf die „vielen Termine zur Bürgeri-nformation zum KTO“ verweisen und sogar sagen „Soviel Bürgerbeteiligung haben wir noch nie gemacht; und das kommt auch nicht mehr vor“.

Engagierte Bürgerinnen hingegen begreifen Bürgerbeteiligung
1. als Chance der Verwaltung, anlässlich eines Projektes (wie Umgestaltung KTO) die AnwohnerInnen zu erhöhter Aufmerksamkeit und mehr Engagement für ihren Stadtteil zu motivieren, soziales Engagement und Kooperation zu fördern.
2. verbunden mit der Pflicht der Verwaltung, über Ziel und Ressourcen des Projekts frühzeitig zu informieren, bevor Festlegungen getroffen worden sind.
3. als ein offenes, konstruktives, kundig moderiertes, mehrstufiges Beteiligungsverfahren, in dem Vorstellungen der Verwaltung, von BürgerInnen und eventuell von zusätzlichen Fachleuten zusammengetragen werden. Diese sind auf Vereinbarkeit oder Ausschließlichkeit in einem offenen Verfahren zu prüfen und gleichberechtigt abzuwägen. Das heißt: auch diese Abwägung muss mit Beteiligung der Vorschläge machenden Bürger/gruppen erfolgen, nicht im „stillen Verwaltungskämmerlein“.
Gewählte oder benannte BürgervertreterInnen haben im Verfahren dasselbe Recht zur Beteiligung wie „einfache BürgerInnen“.
Erfahrungsgemäß kommen in solch einem Verfahren Aspekte und Lösungsideen zu Tage, die zu Beginn des Verfahrens noch unbekannt/ unbedacht waren. Darauf hin kann die Verwaltung Festlegungen treffen.

So ist es beim KTO leider nicht gelaufen.
Mit der Voruntersuchung und dann Auswahl des Turmstraßengebiets durch den Berliner Senat als ein „Aktives Zentrum“ im Bund-Länderprogramm (2008) kam das Potential des Kleinen Tiergartens in den Blick – und die Fördermillionen.
Auf der Informationsveranstaltung am 19.10.2009 wurde über das Verkehrskonzept im AZ Turmstraße berichtet, eine Stadtteilvertretung (die erste für das AZ) gewählt (en bloc) und erwähnt, dass für den Kleinen Tiergarten/Ottopark ein landschaftsplanerischer Wettbewerb geplant sei. „An der Jury-Sitzung kann dann auch ein Vertreter der Stadtteilvertretung
teilnehmen“.
Daraufhin versuchte die AG GRÜN der Stadtteilvertretung aber, bereits auf die Formulierung der Ausschreibung (Ziele, Inhalte, Beteiligungsorientierung) Einfluss zu nehmen.
Sie wurde von den Zuständigen im Senat hingehalten „Es ist noch viel Zeit …Es ist noch viel intern zu klären“. Ergebnis: am 14.1.2010 wurde der „Landschaftsplanerische Wettbewerb KTO“ im Amtblatt der EU veröffentlicht – ohne Hinweis auf Schwerpunkt „Bürgerbeteiligung“. Am 16.1.10 verschickte die AG GRÜN ihre „Anregungen für die Auslobung des landschaftsplanerischen Wettbewerbs KTO) an die STV (für Sitzung am
18.1.10) und dann auch an die Kontaktpersonen in Senat und Bezirksamt. Am 20.1.10 kann sie die Anregungen mit dem wettbewerbsvorbereitenden Büro LA.BAR diskutieren.
Zum „Kolloquium“ mit den eingeladenen 20 Landschaftsplanungsbüros ist die AG GRÜN ausdrücklich nicht zugelassen. ……..
Wohl aber, ein bis zwei Personen als „Gäste“ bei der Jury-Sitzung Anfang Juli 2010.

Aus Sicht der Verwaltung sind die obigen Daten Beleg für überaus reichliche Bürgerbeteiligung. Wir in der AG GRÜN der STV begannen aber zu erkennen, dass nur eine formale, zitierbare Beteiligung von der Verwaltung gewünscht wird. Siehe auch die Kritik des Frauenbeirats beim Senat für Stadtentwicklung (29.6.2010), Punkt 5. „Strategien zur Partizipation spielen im Auslobungstext und in den Wettbewerbsbeiträgen mit Ausnahme einer geplanten Bürger- und Bürgerinnenveranstaltung kaum eine Rolle. Damit wird eine Chance verpasst, Ideen und Vorstellungen der Bewohner/innen und potenziellen Nutzer/innen in die Planung zu integrieren“. Q: Ergebnisprotokoll KTO-Wettbewerb.

Besagte BürgerInnenveranstaltung findet am 7.12.2010 statt. Das farbige Informationsfaltblatt enthält unklare, irreführende und falsche Angaben/ Zeichnungen. Das erkennen engagierte Bürgerinnen aber erst im Laufe der weiteren Beschäftigung mit Plänen und dem KTO selbst. Und: einen verlässlichen Zugang zu Plänen gibt es erst viel später – im Juni 2011 – auf BürgerInnendruck –  durch Veröffentlichung auf der Internetseite des KoSP-Büros. Im Dez. 2010 mit  dem Vorwand „Urheberrechtsschutz“ der Pläne verweigert!

Zum weiteren Verlauf der Bürgerbeteiligung (2010 – 2012) siehe die Chronologie der Bürgerbeteiligung KTO in der „Ottopark-Zeitung, Ausgabe Eins, Aug. 2012 von der Bürgerinitiative KTO ( http://www.biktomoabit.wordpress.com ). Speziell zum Thema „Bäume und Bürgerbeteiligung bei Landschaftsplanung Kleiner Tiergarten/Ottopark in Berlin Moabit 2010/2011“, Reinhard Nake, Mai 2011.

Auf dem Ottospielplatz zeigen sich jetzt (Herbst 2012) Macken (auch potenzielle Gefährdungen von spielenden Kindern), die hätten vermieden werden können, wenn den Anregungen von BürgerInnen und Baumschützern gefolgt worden wäre: Lindenbäume erhalten, Spielsituationen weiter auseinander anlegen.
Weitere Ausführungen mache ich gern mündlich, wenn vom Ausschuss gewünscht.

Zum Schluss: In der Fachliteratur werden zwei gegensätzliche „Methoden“ der Bürgerbeteiligung unterschieden (vgl: Selle, Klaus: Unterm Schaufelbagger. Politische Kultur und Großprojekte in:oekom e.V., Hg.: Bürgerbeteiligung 3.0. München 2011, S 74)
D A D : Decide – Announce – Defend : Entscheiden – Ankündigen – Verteidigen
E D D : Engage – Deliberate – Decide : Einbeziehen – Überlegen – Entscheiden

Beim Kleinen Tiergarten-Ost versuchen engagierte BürgerInnen zur Zeit eine dritte Variante: tBÜ V : tätige Beteiligung  – Überzeugen der Verwaltung – Verbesserung der Planung.

Siehe:  http://www.buergerparkgruppemoabit.wordpress.com

Brigitte Nake-Mann
Bürgerinitiative SilberahornPLUS
2009 – 2010 Mitglied der STV Turmstraße und der damaligen AG GRÜN

Nachtrag am 6.11.12: Es war interessant, den neuen (seit Herbst 2011) Ausschuss kennenzulernen. Vom Bezirksamt waren Bürgermeister Dr. Hanke und Bezirksstadtrat C. Spallek da, der zum TOP 5.1 berichtete. Von den Gästen erhielten zwei Bürgerinitiativen und Herr Preuss vom KoSP-Büro und Frau Adner von der Stadtteilvertretung Turmstraße Rederecht zum TOP 5.1 Da hätte zum Ottopark gesprochen werden sollen (das ist der 1. u 2. Bauabschnitt) des Projekts KTO. Die Politiker, besonders der Bürgermeister, wollten aber lieber über die verbesserte Bürgerbeteiligung im KTO-Ost (6. u. 7. Bauabschnitt) sprechen und Lob hören. Kritik und Grundsätzliches zur Bürgerbeteiligung wurden abgewinkt.  Wegen fehlender Haushaltsmittel könne in Zukunft (und fehlender Sicht der Notwendigkeit) bessere Bürgerbeteiligung in B-Mitte nicht erwartet werden. BN-M