BürgerInnen in Berlin-Moabit setzen sich für baum- und strauch- und menschenfreundliche Verbesserungen im Kleinen Tiergarten/Ottopark und im öffentlichen Raum rundum ein. Mit diesem Blog wollen wir zusätzliche Öffentlichkeit in Moabit schaffen und beispielsweise über die „Bürgerbeteiligung“ der Verwaltung berichten. Vor allem aber können Sie hier lesen, wie BürgerInnen in Moabit sich selbst beteiligen und aktiv werden.
Grünanlage „Schleswiger Ufer/Spreeuferpromenade“ wird mit viel Geld entwertet
Am 1. Februar 2022 informierte die Pressemitteilung der grünen Bezirksstadträtin von Berlin Mitte, Dr. Almut Neumann, über den jetzt bevorstehenden „Ausbau des Spreeradwegs“ am südlichen Spreeufer zwischen Bezirksgrenze Charlottenburg am Wullenwebersteg und Lutherbrücke.
Die geplante Trassierung eines touristischen Fernwanderradwegs durch kleine, schmale innerstädtische Grünanlagen wird schon lange von AnwohnerInnen und Fachleuten kritisiert. Besonders eindrucksvoll war das im übervollen Saal im Rathaus Tiergarten zu erleben, im März 2018. Damals wurden bessere Bürgerinformationen und keine weiteren Baum- und Strauchfällungen dort am südlichen Spreeufer versprochen.
Offensichtlich hat die Verwaltung die damaligen Pläne unbeeindruckt fortgeführt. Nun müssen die Bauarbeiten starten, denn jetzt gibt es Geld vom Bund (GRW-Mittel „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, Sechs Millionen neunhundertachtundneunzigtausend Euro , 6.998.000 Euro, Stand 2018 ).
Die Planung sieht so aus:
Vier Meter breiter Radweg: Mittig drei Meter Asphaltbahn plus beiderseits 50 cm Kleinpflaster plus Kantenstein. In der Bauphase zusätzlich beiderseits 0,25 bis 1 Meter breiter Arbeitsstreifen.
S u m m e: Auf bis sechs Meter Breite wird sämtliche Vegetation für zwei Jahre Bauzeit vernichtet. Und zwar in der nach Berliner Grünflächengesetz geschützten Grünanlage „Schleswiger Ufer, Spreeuferpromenade“.
Die BI „Rettet das Spreeufer“, weitere AnwohnerInnen und FUSS e.V., Grüne Radler, Die Naturfreunde, Grünzüge für Berlin u.a. protestierten, sodass Bezirksstadträtin
Dr. Neumann kurzfristig zu einem Gespräch am 15. Februar nachmittags einlud. Treffpunkt vor dem „BaumkuchenCafé“ an der Moabiter Brücke. (Bis dahin sollte ein Baustopp gelten; wurde nicht eingehalten). Etwa 60 Menschen trafen ein, nach kurzer Begrüßung und Einführung durch Frau Dr. Neumann liefen sie via Holsteiner Ufer zum Wendekreis vor der Lessingbrücke, um bei weniger Straßenlärm Argumente auszutauschen.

Wieder warben die grüne Bezirkstadträtin und noch deutlicher Amtsleiter Kyek (Straßen- und Grünflächenamt) für den Fernwanderradweg. Sie priesen die Asphaltoberfläche als Segen für Behinderte und Kinderwagen. Die Aufheizung im Sommer sei nicht so schlimm und überhaupt hätte man wunderbare Klimaprojekte woanders in Mitte mit positiver Umweltbilanz.
Die Bürgerinitiative „Rettet das Spreeufer“ forderte Abstriche an der Bauschneise (bis zu 6 Meter!), um Sträucher und Bodendecker für Nachtigall, Amsel, Rotkehlchen, Zaunkönig und Co. zu erhalten – und die Freude der SpaziergängerInnen an ihnen. Statt der klimaschädlichen Asphaltierung fordert sie eine wassergebundene Oberfläche. Die trägt weniger zur Aufheizung der Stadt bei, ist ästhetischer und gelenkschonender für Fußgänger und Jogger und kann beradelt werden, ohne zum Rasen einzuladen. Eine wassergebundene Wegoberfläche ist auch für Rollatoren und Kinderwagen o.k. Die Fußgängerlobby FUSS e.V. meint: „Der Weg soll zu Entspannung und Langsamkeit motivieren, nicht zum Schnellfahren. … Auf so einem Spazierweg können sich Menschen zu Fuß und auf dem Rad gut arrangieren.“
Sonja Kreitmair stellte sich als Vorsitzende des BVV-Ausschusses für Umwelt, Natur, Grünflächen und Klima und SPD-Mitglied vor und betonte, dass der geplante Fernradwanderweg unverzichtbar für den Fremdenverkehr sei. Berlins Wirtschaft lebe vom Tourismus und man müsse ihn fördern.
Dass die ersehnten Touristen keinen ausgebauten Radweg benötigen, zeigten zwei Leute auf einem Elektro-Stehroller, die plötzlich schnell und kreischend um die Bürgergruppe herum rasten. Unbeeindruckt von Bausperren, Verbotsschildern und gebotener Rücksichtnahme sausten sie unter der Lessingbrücke durch – in die Grünanlage „Schleswiger Ufer, Spreeuferpromenade“. Die Realität führte die weichgespülten Argumente des Bezirksamtes ad absurdum.

Schlimm und problematisch ist, dass Senat und Bezirk Mitte sich offenbar nicht um eigene, wichtige Erkenntnisse und frühere Planungen scheren. Als Beispiel wurden die „Grünen Hauptwege“ genannt, die im dicht bebauten Berlin zwischen vorhandenen Grünflächen und Parks und Wohnquartieren Verbindungen schaffen sollen. Selbst möglichst begrünt, sollen sie den Bewohnern erholsames, naturnahes Spazieren ermöglichen.
Planerisch sind sie Teil des Landschaftsprogramms Berlins, des grünen Fachplans zum Flächennutzungsplan. Beide sind für die Verwaltung bindend. Der „Grüne Hauptweg Nr. 1: Spreeweg, Berliner Urstromtal“ führt entlang des südlichen Spreeufers genau durch den Abschnitt „Bezirksgrenze bis Lutherbrücke“, der nun mit Bundes-Geld und Bezirksplanung zum Fernradwanderweg denaturiert werden soll.
Weder die Bezirksstadträtin noch der Amtsleiter für Straßen- und Grünflächen gingen auf diese Argumente ein (sie wurden ihr schon vor dem Treffen schriftlich übermittelt). Auch nicht auf den Hinweis, dass am Spreeufer – mal südlich, mal nördlich – der „Senatsnetz-Radweg“ entlang führt, zum Teil auf kürzlich glatt asphaltierten Nebenstraßen (Hansa-Ufer) oder durch geräumige Grünflächen (sog. Präsidentendreieck). Ich selbst habe kritisiert, dass den BürgerInnen keine Pläne der akuten Baumaßnahmen zugänglich gemacht wurden, trotz Bitte darum. Da wurde tatsächlich geantwortet, die Bürger könnten die Baupläne nicht verstehen…
In der Tat! Aber Pläne lesen können sie.
Sie möchten z.B. in den Plänen sehen, wie der „ Erhalt des Mosaiksteinbelages im denkmalgeschützten Bereich der Schlossanlage Bellevue“ (PM 01.02.2022) gewährleistet wird, wie dort das „historische Geländer in Richtung Spree versetzt“ – und die begrünte Uferböschung für die Verbreiterung des Weges aufgeschüttet werden soll?
B. Nake-Mann
21.02.2022
Bremer Straße: Grün und Klimaschutz fallen hinten runter
Anmerkungen zum Entwicklungskonzept „Nahraum Bremer Straße“ (Stand Juni 2019)
Am 18. Juni 2019 stellte das Planungsbüro „stattbau“ – flankiert von Bezirksamt und „Stadtteilkoordination“ – 40 Teilnehmenden im Stadtteilplenum Moabit- West das Grundgerüst für die Entwicklung des „Nahraums Bremer Straße“ vor. Das soll für die nächsten zehn Jahre als Umbau- und Investitionskonzept dienen und aufzeigen, was Klimaschutz und sozialräumliche Entwicklung an grüner und sozialer Infrastruktur entlang der Bremer Straße erfordern. Die auch beauftragten Fachleute für Grün, Regenwassermanagement und Verkehr waren nicht dabei. Aus der Veranstaltung seien hier einige Anmerkungen zu Grün- und Klimaaspekten aufgegriffen.
Die Bremer Straße verläuft zwischen Turmstraße im Süden und Siemens-/Quizowstraße im Norden, etwa 800 Meter lang . Eine Besonderheit unter Moabiter Straßen ist, dass nur an der Westseite Wohnhäuser stehen, an der Ostseite aber liegen kleine Grünflächen, Kitas, Spielplätze, die Jugendverkehrsschule u.ä. soziale Einrichtungen – alles öffentliches Eigentum, da kann man mal was machen.
Doch ach, was wurde da in zwei Varianten (für 15 bis 60 Mill. Euro) präsentiert? Ein Sammelsurium verwirrender Möglichkeiten, ohne klare Richtung für Klimaschutz, Klimafolgenbewältigung oder zum Abbau der enormen Gründefizite der Wohngebiete rund um die Bremer Straße. Ein Regenwasserkonzept wurde nur oberflächlich erwähnt. Mit Vorschlägen zum Bauen und Verdichten macht sich der Name „stattbau“ indessen alle Ehre:
– dreimal größere Bau-Fläche in der Jugendverkehrsschule, sogar riegelförmig mit Luft-Sperrwirkung
quer in den Grünzug Bremer Straße,
– Theodor-Heuss-Kita: zwei Geschosse drauf,
– Jugendzentrum Scheunemann-Haus: später mal kurz abreißen und erweitern,
– Schulgarten im Norden der Bremer Straße mit einem großen glasglitzernden Haus beglücken.
Ob und welche Bürgerwünsche aus vorherigen Beteiligungsrunden berücksichtigt wurden, war in der vorgestellten „stattbau“-Präsentation nicht zu erkennen.
Peinlich: Büro „stattbau“ scheint die ökologischen Grundlagenpläne des Landes Berlin und des Bezirks Mitte im „Nahraum Bremer Straße“ gar nicht zu kennen. Sie wurden bei der Präsentation jedenfalls mit keinem Wort erwähnt, aber konsequent ignoriert.
- Der „übergeordnete Grünzug Bremer Straße“ des Flächennutzungsplans des Landes Berlin ist für Behörden und Bezirke eigentlich verbindlich, er müsste also bei Planungen des Bezirks beachtet werden. Er verläuft entlang der Ostseite der Bremer Straße und verbindet als grüne Gasse das versteinerte Moabit West zur Kaltluftzufuhr mit dem Westhafen und den Rehbergen und mit dem Kleinen Tiergarten, der Spree und dem Großen Tiergarten. Das klare Stadtplanungs-Grün-Konzept wird im „Nahraum Bremer Straße“ einfach nicht erwähnt.
- Das „Landschaftsprogramm 2016“ des Senats ist die wichtige ökologische Ergänzung zum Flächennutzungsplan. Es verlangt in verdichteten Gebieten der Innenstadt wie Moabit als „Sofortmaßnahmen“ z.B. Aufwertung und Vermehrung des Grün, weniger Versiegelung, wohnnahe kleinteilige Begrünung von Straßen und Plätzen bei allen Planungen.
– Auch diese ökologische Planungsvorgabe wird im „Nahraum-Konzept Bremer Straße“ von „stattbau“ schlicht ignoriert.
- Und der „Stadtentwicklungsplan Klima“ präzisiert die Aufgaben zum Klimaschutz ganz ähnlich. Auch dieser zukunftsorientierte Plan der Stadtentwicklung ist mit seinen Zielen und Maßnahmen der Grünvermehrung eine Nullnummer im „stattbau“-Konzept „Nahraum Bremer Straße“.
Es geht aber noch weiter – zum Entsetzen informierter Besucher der Veranstaltung zur Bremer Straße:
Das Bezirksamt scheint nicht einmal die eigenen sozialräumlichen Ziele dem Büro „stattbau“ in den Auftrag zur Bremer Straße geschrieben zu haben, die es als Bezirksregionenprofil für Moabit West beschlossen hat.
- Die „Bezirksregionenprofile“ (BZRP) sollen das Planen und Handeln aller Fach-Ämter abgestimmt mittel- und langfristig „auf Linie bringen“. Sozialräumliche Daten der BZR einschließlich Grünversorgung bieten dafür die Grundlage. Dem müsste das Konzept „Nahraum Bremer Straße“ exakt entsprechen. Doch bei „stattbau“ kommen BZRP-Daten, -Analysen und -Ziele für Moabit West schlicht nicht vor.
Die Bremer Straße liegt innerhalb von Moabit West im Planungsraum „Emdener Straße“, dem „Herzstück Moabits“, wie es im BZR-Profil heißt. Siemens-/Quitzow-, Strom-, Turm- und Beusselstraße begrenzen diesen Planungsraum mit rd. 18 000 Einwohnern.
Ein zentraler Punkt ist hier das extreme Defizit an öffentlichem Grün:
Die Bezirksregion Moabit West mit Bremer Straße hat die geringste Versorung mit wohnnahen öffentlichen Grünflächen unter allen Bezirksregionen von Mitte. Speziell der Planungsraum „Emdener Straße“ liegt mit 1-2 qm Grünfläche je Einwohner weit unter dem Richtwert 6 qm/Ew.
Dennoch vernichtet das Konzept von „stattbau“ (mit Segen des Bezirks) die kleine, aber wichtige öffentliche Grünfläche neben der Jugendverkehrsschule (JVS) entlang der Bremer- und Bugenhagenstraße. Der Grünteil an der Bremer Straße soll der Jugendverkehrsschule zugeschlagen, der Grünteil an der Bugenhagenstraße gegenüber der Markthalle soll zum versiegelten Stadtplatz werden.

Die öffentliche Grünfläche samt Weg entlang der Bremer Straße soll entfallen und eingezäunt ein Teil der JVS werden.
Das Grünflächenamt vernachlässigte die Pflege und will diese Grünfläche loswerden (oder soll sie loswerden wollen). Das öffentliche Mobbing gegen bestimmte Grünflächen ähnelt dem Mobbing mancher Hausbesitzer: man vernachlässigt Pflege und Instandhaltung, um Nutzer rauszuekeln. Schon 2014, als es um das Ende und die Bebauung der Jugendverkehrsschule Bremer Straße 10 ging, war der angebliche Abgabe-Wunsch des Grünflächenamtes ein Argument des beauftragten Büros KoSP, als es erste Bebauungsvorschläge machte. Das Grünflächenamt wolle seine Aufgabe hier nicht erfüllen (wer oder was dahinter steckte, war unklar). Jetzt aber kommt die alte Geschichte in neuem Gewand daher: „stattbau“ schlägt vor, was das Grünflächenamt oder wer ? … will. Während Anwohner anderer Berliner Straßen um Begrünung kämpfen (Lübecker Str. Moabit Ost, Berliner Straße Weißensee u.a.), entzieht Büro „stattbau“ im Auftrag des Bezirks eine gut 1000 qm messende, sozial-ökologisch wichtige straßenbegleitende öffentliche Grünfläche durch „Flächentausch“ mit der JVS der Öffentlichkeit.

Bugenhagenstraße: Im „Tausch“ soll öffentliches Grün und ein Stück JVS (hinter dem Zaun) zu einem weiteren steinernen Stadtplatz hinter der Markthalle werden.
Diese Variante des „Klimaschutzes“ wurde in der Diskussion am 18. Juni heftig kritisiert. Südlich der Markthalle sei doch soeben ein neuer vollständig versiegelter Stadtplatz eingeweiht worden (Arminiusstraße). Muss man dann nördlich zwischen Markthalle und JVS noch einen „Steinplatz“ planen, der die verdichtete Umgebung im Sommer noch weiter aufheizt? – Schon als Vorschlag ein Schlag gegen Erfordernisse der Klimaanpassung.
„Warum gibt es keine Aussagen zum Klimaschutzbeitrag des „Nahraums Bremer Straße?“, wurde gefragt. Eine Flächenbilanz neu versiegelter und entsiegelter Flächen als Kernpunkt des Berliner Klimaschutzes wurde erbeten. Antwort: Fehlanzeige.
Die Weigerung des Grünflächenamtes, das Grün angemessen zu pflegen – so ein Diskutant – könne doch kein Grund sein, alles umzustülpen und den BürgerInnen öffentliches Grün wegzunehmen. Statt viel Geld in unnötige Änderungen zu investieren, gehöre die Pflege des Bestandes auf Trab gebracht.
Auch der gut begründete Vorschlag, den nördlichen kurzen Teil der Bremer Straße zwischen dem „Schulgarten/Umweltzentrum“ und dem Spiel- und Bolzplatz gegenüber in eine Grünfläche umzuwandeln – verkehrsberuhigend, mit neuer Grün-, Klima- und Quartiersqualität – wurde nicht aufgenommen.
So fand zum „Nahraum Bremer Straße“ eine weitere behördliche Zeremonie der Alibi-Beteiligung statt. Ohne Antworten auf wichtige Fragen zur Rolle des Grüns und des Klimaschutzes, zur Verwirklichung einschlägiger Berliner Ziele der Stadtentwicklung und vor allem ohne Berücksichtigung von Wünschen umweltbewusster BürgerInnen.
26. Juni 2019 KERN
P.S.: weitere Berichte zu der Veranstaltung am 18. Juni: Stadtteilplenum Juni 2019 und in der Berliner Woche
Offener Brief zur Planung Lübecker Straße in Moabit
Die Lübecker Straße – eine der wenigen baumlosen Straßen in Moabit – soll umgestaltet werden. Dazu gab es im Dezember 2017 eine Begehung mit Anwohnern und Interessierten. Danach wurden vom beauftragten Planungsbüro (LK Argus) und der Verwaltung am 6. März 2019 in einer Bürgerinformationsveranstaltung in der Heilandskirche die entwickelten Planungen vorgestellt. Die findet man auf www.turmstrasse.de
Von mehreren AnwohnerInnen war damals gefordert worden, aus der Lübecker Straße einen „Verkehrsberuhigten Bereich“ zu machen. „Spielstraße“ wird der im Alltag genannt. Damit könnte eine Menge der Probleme und Zumutungen der gezeigten Planung vermieden werden. Der Vorschlag wurde am 6. März wiederholt vorgebracht, aber Planer und Verwaltung wollten davon nichts wissen – ohne Begründung.
Ein Anwohner der Lübecker Straße und engagierter Bürger, Dr. Gotthard Schulte-Tigges, hat die Defizite und Widersprüche der vorgesehenen Umgestaltung in einem „Offenen Brief“ zusammengestellt. Er führt den Behörden und Planern die Erfordernisse des Klimawandels vor Augen – mit notwendigen Konsequenzen für die Neugestaltung der Lübecker Straße.
Die BI Silberahorn veröffentlicht hier seinen Appell an die Berliner Verwaltung und Politik, gegen eigene Einsichten und gute Planungsgrundlagen nicht zu planen und zu bauen:
Offener Brief:
Klimaschädliche Umbauplanung der Lübecker Straße in Berlin-Mitte, die obendrein die Aufenthaltsqualität verschlechtert!
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Müller,
sehr geehrte Frau Senatorin Günther,
sehr geehrte Frau Senatorin Lompscher,
sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister von Dassel,
sehr geehrter Herr Bezirksstadtrat Gothe,
sehr geehrte Frau Bezirksstadträtin Weißler!
Im Klimaschutzplan 2050, hat die Bundesregierung bis 2030 für den Verkehrsbereich eine CO2-Reduktion von 40% beschlossen. Die Klimawissenschaftler des IPCC sind sich einig, das, um die Lebensgrundlage der Menschheit nicht zu gefährden, radikale Änderungen bis 2030 geboten sind.
In Berlin-Mitte wird die Zielvorgabe unter einem Bezirksbürgermeister und einer Bezirksstadträtin der GRÜNEN beim am 6.3.2019 vorgestellten Umbauplan der Lübecker Straße konterkariert (Anhang). Außer einem «Feigenblatt»-Streifen Grün vor dem Spielplatz entspricht mit 140 Autoparkplätzen gegenüber 160 im Bestand diese Planung der «autogerechten Stadt» der 60er Jahre. Dies widerspricht den Mobilitätskonzepten der Grünen, der SPD und der LINKEN. Mit unseren Steuergeldern werden hier weiter die Privilegien der Minderheit der privaten Autohalter fortgeschrieben. Diese führen über die CO2-Emissionen hinaus zu Flächenverbrauch durch ruhenden Verkehr, zu Unfällen, zu Stau sowie zur Gesundheitsbelastung durch Luftverschmutzung und Lärm. Dies in einer Straße, wo die Mehrheit der Anwohner kein Auto besitzt. Hier kommen auf 1895 Einwohnern nur 284 PKW (d.h. 150 PKW pro 1.000 Einwohner). Ausgerechnet dort, wo bald eine Straßenbahn «vor die Tür» gebaut wird und die Grenzwerte in den benachbarten Stromstraße und Alt Moabit derart überschritten werden, dass Diesel-Fahrverbote anliegen. Das ist gegenüber kommenden und jetzt lebenden Generationen unverantwortlich! Deutschland und Berlin braucht schleunigst eine Verkehrswende, die ihren Beitrag zu den im Berliner Energiewendegesetz festgelegten Zielen leistet. Dort ist eine CO2-Emissionsreduktion von 40% bis 2020, 60% bis 2030 und 85% bis 2050 gegenüber 1990 beschlossen.
Das Berliner Mobilitätsgesetz verlangt in § 4: «Bei Neuanlage und grundlegender Umgestaltung von Straßen und Plätzen soll geprüft werden, ob und inwieweit diese nach Zweckbestimmung und Ausgestaltung als Ort der Begegnung, des Verweilens, der Erholung, der Kommunikation und des Spielens genutzt werden können.» Hier hat der Bezirk Mitte gegen dieses Gesetz verstoßen.
An beiden Enden der Lübecker Straße sind die Parkhäuser MoaBogen und Schultheiss-Quartier. Auf aktuelle Nachfrage stehen allein im Letzteren 150 Dauerparkplätze zur Verfügung. Dies ergibt zwar Mehrkosten für die Autobesitzer, aber Autofahren muss teurer werden, wenn die verkehrs-, emissions- und klimapolitischen Ziele erreicht werden sollen. Zudem stehen in Berlin über 6.000 Carsharing-Fahrzeuge zur Verfügung.
Die vorliegende Planung wird keinen Autofahrer zum Umstieg zum ÖPNV oder Carsharing bewegen, wie es die Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Regine Günther erhofft.
Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz empfiehlt Maßnahmen, unter Klimaanpassung: «Lebensqualität langfristig sichern und verbessern», die zur Verringerung der Aufheizung des Stadtraums eine integrierte Planung mit Entsiegelung und Begrünung zur Senkung der Temperatur vorsehen. Auch diese Vorgaben wurden bei der Planung in der baumlosen Lübecker Straße vom Bezirk Mitte komplett ignoriert.
Wie zum Hohn sieht die Planung von Berlin-Mitte in der Lübecker Straße obendrein noch auf beiden Seiten eine Reduzierung der Bürgersteigbreiten vor. Auf einer Straßenseite soll der Bürgersteig um 70 cm schmaler werden, und auf der anderen gehen durch den Fahrzeugüberhang beim Senkrechtparken ebenfalls 70 cm verloren (Anhang S.10-13).
Der Bereich am Spielplatz kann dabei mit Grünfläche und Bäumen als autofreier Stadtplatz (entsprechend Koalitionsvereinbarung S.37 + S. 40) gestaltet werden. Ein entsprechender Entwurf wurde dem Bezirksbürgermeister Herrn v. Dassel, am 19.09.2018 durch die persönlichen Übergabe der 424 Unterstützer-Unterschriften von Bewohnern der Lübecker Straße sowie Spielplatznutzern, anvertraut. Hier wurde die «Bürgerbeteiligung» des Bezirkes zur Farce, da dies nicht in die Planung eingeflossen ist. Denn es haben zehnmal so viele Anwohner und Spielplatznutzer (zu denen die vier umliegenden Kitas gehören) diesen alternativen Gestaltungsentwurf unterstützt, als die jeweils ca. 40 Anwesenden bei den offiziellen Bürgerbeteiligungsterminen..
Konsequenter Weise kann auch, wie in der Nollendorf- und Schwerinstraße (Foto) in Berlin-Schöneberg schon vor über 30 Jahren geschehen, die Lübecker Straße als «Verkehrsberuhigter Bereich» autofrei mit (Obst-) Bäumen in der Straßenmitte gestaltet werden, wobei die Zufahrt zu vorhandenen Stellplätzen in Hinterhöfen gewährleistet bleibt. Es können zudem auch einige Carsharing-Stellplätze und Elektro-Ladesäulen an den Enden der Straße vorgesehen werden.
Autofreie Wohnbereiche gibt es in Freiburg, Münster, Köln, Hamburg, München, Kassel, Bremen, Berlin, Frankfurt a.M., Karlsruhe, Aachen und Düsseldorf sowie Kopenhagen, Amsterdam, Wien und Bern. Andere Metropolen wie Tokio, Hamburg, Paris und New York realisieren bzw. planen, ganze Straßenzüge für Autos zu sperren.
Am 15.03.2019 demonstrierten in Deutschland für Klimaschutz 300.000 Schüler, davon über 20.000 in Berlin unter «Fridays for Future». «Parents for Future» und 23.000 Wissenschaftler*innen «Scientists for Future» stellen sich hinter die Forderungen der Jugendlichen und rufen dazu auf, die Anliegen der jungen Menschen mit zu unterstützen, denn diese sind in der Wahrnehmung der Klimaproblematik deutlich weiter als die politischen Entscheidungsträger samt ihren Verwaltungen.
LebensTraum e.V. setzt sich speziell für Wohnraum und dessen Umfeld für Alleinerziehende und deren Kinder ein. Wir werden uns auch weiterhin für eine lebenswerte Zukunft unserer Kinder engagieren.
s – O – nnige Grüße
Gotthard Schulte-Tigges
LebensTraum e.V.
Mitglied im DPW
Vorstand: Katja Braungardt, Dr. Gotthard Schulte-Tigges, Benno Weicher
Lübecker Straße 21, 10559 Berlin
info@LebensTraum-Haus.de
Tel. 0152-21833492
www.LebensTraum-Haus.de
20.03. 2019
B. Nake-Mann

Nach Schultheiss Eröffnung
Am 16. August 2018 wurde die Mall of Moabit, genannt Schultheiss Quartier, des Investors Harald Huth eröffnet (Mall of Berlin am Leipziger Platz und Schloss in Steglitz gehen auch auf ihn zurück). Laut Medien (z.B. rbb) zur allgemeinen Freude von Politik, Handelsverband und MoabiterInnen.
Die Turmstraße aber wird als Geschäftsstraße durch das Center weiter geschwächt. Auf den Extra-Reklameseiten der „Berliner Woche“, Nr. 33 2018, zur Schultheiss-Eröffnung ist ganz unverblümt von „Umzug ins SQ“ die Rede. In der Turmstraße sieht das Ergebnis zur Zeit so aus:

Zugeklebte Schaufenster auch hier. Das Reformhaus Demski, Turmstr. 70, hat ebenfalls die Geschäftsstraße verlassen, um im Schultheiss Quartier dabei zu sein
Das „Geschäftsstraßenmanagement“ und die „Projektsteuerer“, die mithelfen sollen, die Turmstraße als Einkaufsstraße wieder attraktiv zu machen, sind zu bedauern. Die Millionen, die zur Aufhübschung der Turmstraße im Rahmen des Bund-Länder-Programms „Aktive Zentren“ vergeblich ausgegeben wurden, wer holt sie zurück? Kritische Stimmen von BürgerInnen gab es von Anfang an (z.B.) und hier , euphorische Beifallsklatscher aber auch.
B. Nake-Mann, 18. Aug. 2018
P.S.: heute, 19.8.18 gab es eine kritische Glosse im Tagesspiegel
https://www.tagesspiegel.de/berlin/schultheiss-quartier-in-moabit-mehr-shopping-monokultur-fuer-berlin/22922228.html
Verdichtung in dicht bebauten Gebieten – Opfer sind Mieter und Wohnqualität
Ein Berliner Beispiel: Essener Str. 23/23A in Moabit. Am 1. März 2018 wurde die große, vitale Ulme in der schmalen Baulücke zwischen Essener Str. 23/23A und Essener Str. 22 gefällt. Es war ein „privater Baum“, der unter gesetzlichem „Baumschutz“ stand. Aber gegen eine „Bauvorbereitende Maßnahme“ kann die für Baumschutz Zuständige im Bezirk Mitte nichts machen. Der Eigentümer hat faktisch Baurecht; es wird ständig überzogen, so dass die Misere von Gründerzeithinterhöfen wiederhergestellt wird. Das wird möglich durch die Missachtung des Berliner „Baunutzungsplans“, der wesentlich geringere Baudichten vorsieht. Der gilt in West-Berlin seit 1960 und wurde nach der Wende 1990 vom Senat als fortgeltend für das ehemalige West-Berlin festgelegt. (Siehe unten: Baugenehmiger in der Falle).
Vernichtung von Mietwohnungen
Hier wurden 23 Altbau-Mietwohnungen in teure Eigentumswohnungen umgewandelt und ist der Neubau von 5 Eigentumswohnungen in der schmalen Baulücke (wo die Ulme stand) samt Dachausbau geplant. Zur Klarstellung: ich habe nichts gegen Eigentumswohnungen, aber viel gegen die Verdrängung von Mietern und die Verschlechterung von Wohnqualität. (Mehr dazu weiter unten: Mieterverdrängung in der „Mieterstadt Berlin“.
„Wohnqualität“ à la Gründerzeithinterhof
Bisher hatten MieterInnen in den Hinterhäusern Essener Str. 23A und Bochumer Str. 20 aus ihren – alleinigen ! – Nordfenstern noch den „freien“ Blick in die Baulücke, zum grünen Ulmenbaum, zur dicken Efeu-Wand in der Baulücke und zu etwas Himmel. Das alles wird ihnen mit dem geplanten Neubau genommen. Licht und Luft für „Gesunde Lebensbedingungen“, die lt. BauGesetzBuch bei jedem Bauvorhaben gewahrt bleiben müssen, spielen keine Rolle, weil die Politik es will, das Bauamt also auch und Mieter (z.B. im Nachbarhaus Bochumer Str. 20) keine Widerspruchsrechte haben.
Fassadengrün wird vernichtet
Die Werbefotos von Property Company für die angepriesenen Altbau-Eigentumswohnungen zeigen: kahle weiße Wände, wo jetzt lebendiges Efeu und Wilder Wein ranken.
https://www.propertycompany.de/index.php?option=com_property&view=property&Itemid=265&lang=de
Oft werden Neubauabsichten mit dem Versprechen geplanter Fassaden- und Dachbegrünung verschönt (um Versiegelung und Versteinerung angeblich auszugleichen). Nicht mal sowas soll es hier geben.
B e g r ü n u n g (als Tat nach dem Bau) wird auch von PolitikerInnen gern gefordert/gelobt. Wo bleibt aber deren Einsatz für den E r h a l t von vorhandenem Grün? Mit allen seinen guten, positiven Wirkungen für Menschen in dicht bebauten Wohngebieten?
Einwohnerzuwachs in grün-unterversorgtem Gebiet ist kontraproduktiv
Politiker und PlanerInnen können wissen, was sie falsch machen, wenn sie Baum- und Grünvernichtung durch Nachverdichtung befürworten. Denn Berlin hat gute Planungsgrundlagen für eine menschenfreundliche und klimabewusste Stadtentwicklung, auf Landes-und Bezirksebene!
Auf Landesebene: das Landschaftsprogramm, die naturschutzfachliche Ergänzung zum Flächennutzungsplan. Es ist behördenverbindlich. Eigentlich.
Berlin hat auch das Planungsinstrumentarium „Umweltgerechtigkeit“, das ökologische und soziale Kriterien für die Stadtentwicklung verbindet. Und: den Stadtentwicklungsplan Klima. Selbst im „Stadtentwicklungsplan Wohnen 2025“, der Wohnungsbau forcieren will, steht: „Verdichtung wirkt dort kontraproduktiv, wo sie die Wohnqualität beeinträchtigt“. (S. 66)
Die Wohnqualität für die schon hier Wohnenden wird durch das Projekt „Essener Str. 23/23A“ massiv beeinträchtigt.
Verwaltungshandeln wider besseres Wissen
Der Bezirk Mitte ist stolz, dass er als erster Bezirk „Bezirksregionenprofile“ für seine 10 Bezirksregionen erarbeiten ließ und beschlossen hat – als Planungsgrundlage für alle seine Fachbereiche, wohlgemerkt.
Die Essener Str. 23/23A liegt in der Bezirksregion Moabit West, dort im Planungsraum „Elberfelder Straße“, der das Westfälische Viertel umfasst. Hier besteht eine massive Unterversorgung mit Grünflächen für die wohnungsnahe Erholung. Der Richtwert (ohnehin nicht üppig) besagt: 6 qm Erholungsgrün/pro Einwohner, das mindestens 0,5 ha groß und maximal 500 Meter von jeder Wohnung entfernt ist. Wir haben hier einen „Versorgungsgrad“ von 2,1 qm/Einwohner. Mit jedem zusätzlichen Einwohner, der durch Neubau hierher gelockt wird, sinkt der Versorgungsgrad weiter.
Als Fazit steht im „Bezirksregionenprofil Moabit-West“ Teil II: „Wohnungsbaupotentiale werden entsprechend außerhalb der Bezirksregion gesehen“. Das hat das Bezirksamt am 16.05.2014 so beschlossen und der Bezirksverordnetenversammlung vorgelegt. Weder Bezirk noch Senat scheren sich um behördenverbindliche Pläne oder eigene Beschlüsse. Was sollen wir BürgerInnen davon halten?
Baugenehmiger in der Falle
Nach Aussage von PlanerInnen in Bezirksverwaltungen fühlen sich die für Baugenehmigungen Zuständigen in einer Falle: Jahre- und jahrzehntelang wurden in West- Berlin Befreiungen von den Festlegungen des Baunutzungsplans zugelassen (manchmal mit Auflagen wie „Hof- oder Fassadenbegrünung“). Daraus leiten jetzt Grundstückseigentümer und z.T. Gerichte her, dass immer ein Anspruch auf Missachtung des Baunutzungsplans durch Befreiungen bestehe, und dann aber kräftig.
Wie kann die Bauverwaltung der „Falle“ entkommen? Indem Politik und Verwaltung klare Regelungen für Grünerhalt und Grünversorgung festlegen und diese in Bebauungsplänen für alle verdichteten Bestandsgebiete festschreiben. Nach heutigem Recht müssen Bebauungspläne auch mit Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung erarbeitet werden – Oje, die arme überlastete Verwaltung – die sich am liebsten B-Pläne von den Investoren machen lässt: „Vorhabensbezogener Bebauungsplan“ heißt diese Rechtskonstruktion. Die BVV darf ihn dann beschließen.
Wohnraum für eine „wachsende Stadt“ schaffen – bei gleichzeitigem Erhalt von Bäumen und grünen Freiflächen – wie kann das gehen?
Berlin hat seit einigen Jahren Einwohnerzuwachs. Bekanntlich finden Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen schwer eine für sie bezahlbare bzw. ausreichend große Wohnung. Wenn Berlin das Wohnraumproblem für alle verträglich lösen wollte, müsste es mit dem Land Brandenburg in ein positives Gespräch über Entlastungsorte an der Schiene eintreten. Dezentrale Arbeitsplätze und Wohnungen sind der Schlüssel für eine gedeihliche Entwicklung Berlins und der Metropolregion. Verzicht auf Finanz-Egoismus des Landes Berlin gehört dazu.
Berlin verlockt mit relativ (!) günstigen Bodenpreisen Investoren von überall dazu, hier Grundstücke – und vorhandene Wohnungen – aufzukaufen. Hier können mit „Betongold“ Gewinne gemacht werden, die in anderen Metropolen nicht mehr zu erzielen sind.
Wenn man trotzdem Grün und Bäume in der Stadt erhalten will, muss man sie planerisch sichern. Vorrangig muss man (d.h. die planende Verwaltung und Politik) in den Gebieten mit bestehendem Grünmangel anfangen und dafür sorgen, dass vorhandene Grüngebiete (und zwar in öffentlichem wie in privatem Eigentum) gesichert werden. Da Grün-Ausweisung im Flächennutzungsplan oder Bereichsentwicklungsplan nur für die Behörden verbindlich sind, müssen Bebauungspläne für privates und öffentliches Grün erarbeitet und beschlossen werden. B-Pläne gelten gegenüber jedermann, auch gegenüber Investoren.
So kann man Bäume und Grünflächen erhalten, wenn Politik und Verwaltung wollen.
Und wo kann in Berlin neu gebaut werden?
Es kann da und so gebaut werden, dass durch Wohnbebauung kein Grünmangel für die vorhandenen bzw. neuen BewohnerInnen entsteht und wo Kleingärten, Grünflächen und Frischluftschneisen nicht beeinträchtigt werden.
Das kann man be- und nachrechnen. Wenn das Ergebnis ist: hier herrscht schon Grünmangel – dann ist hier kein Wohnungsbau zulässig. Egal, ob durch private Investoren oder durch städtische Wohnungsbaugesellschaften. Dazu gehört auch, dass die eigenen Fachpläne zu Grün, Klima, Erholung, Natur und Landschaft eingehalten werden.
Planerisch kann auch festgelegt werden, dass vorhandene große Bäume bei Neubau erhalten werden müssen. Wenn dadurch eine übermäßige Grundstücksausnutzung verhindert wird, wäre das zugleich ein Gewinn an Wohnqualität für die künftigen Bewohner.
Für geplante große Neubaugebiete in Berlin hat übrigens das Abgeordnetenhaus im März 2018 beschlossen, dass dort die Mindestausstattung mit „wohnungsnahem Freiraum“ (Erholungsgrün) von 6 qm/Ew gewährleistet sein soll. Der Senat soll darauf hinwirken! „Wohnungsnah“ heißt: maximal 500 Meter von der Wohnung entfernt, geeignet für die tägliche Erholung am Abend, am Morgen, fürs Kinderspiel. AH Drs. 18/0724
Warum aber Menschen in bestehenden Wohngebieten mit bereits zu geringer Grünversorgung noch schlechter gestellt werden sollen – zugunsten der Investoren – muss man die „Bauen, bauen, bauen!“- Verfechter fragen.
Schon mal von „Grenzen des Wachstums“ gehört? „Berlin gießt Betongold in die letzten Lücken – ein Fehler“ war in der Berliner Zeitung vom 17.07.18 online zu lesen. Ich teile die Befürchtung der Autorin, dass in wenigen Jahren Politik und Verwaltung jammern werden: „Das war ein Fehler! Die Sommer werden immer heißer, das Stadtklima wird unerträglich in den dichten Innenstadtbezirken.“ – Wer erinnert sich nicht an das nachträgliche Eingeständnis führender Berliner Politiker, dass es ein Fehler war, Hunderttausende landeseigener Wohnungen zu verkaufen.
https://www.berliner-zeitung.de/politik/meinung/wohnraum-verdichtung-berlingiesst-betongold-in-die-letzten-luecken—ein-fehler-30969734
Die Autorin Judith Kuckart spricht von „einer übereifrigen, wenig sorgfältigen, auch überforderten Baupolitik“.
Ein weiteres Beipiel sozial fragwürdiger Berliner Baupolitik: Schonung privilegierter Lagen
Der Flächennutzungsplan 2015 von Berlin stellt in Zehlendorf, Grunewald, Frohnau und Köpenick Wohnbauflächen dar, die eine maximale Grundstücksausnutzung von 0.4 GFZ (Geschossflächenzahl) zulassen. Das ist zehnmal weniger, als die Investoren beispielsweise in Moabit durchsetzen und mit Baugenehmigungen abgesegnet bekommen.
Zum Schutz dieser locker bebauten Gebiete, genannt „Landschaftliche Prägung von Wohnbauflächen“ schreibt der FNP auch noch „Nutzungsbeschränkungen zum Schutz der Umwelt“ vor. Hier ist die Umwelt von Privilegierten gemeint.
„Lieber reich und grün als arm und grau“ ist ein spöttischer Merksatz dazu. In diesen Berliner Gebieten kann nach „Wohnbaupotenzial-Flächen“ gesucht werden. Hier sollten städtische Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften und Baugruppen Wohnungen errichten, die Qualitäten und Mieten aufweisen, wie die genossenschaftlichen und wohnreformerischen Projekte der 1920er Jahre. Nicht etwa nach dem Beispiel der „OASIS“-Investoren an der Hansabrücke in Mitte.
Zurück zur gefällten Ulme Essener Str. 23/23A und den Folgen:
Mieterverdrängung in der „Mieterstadt Berlin“
Seit März 2018, seit dem Fällen der großen Ulme, sind dort nach und nach die MieterInnen ausgezogen.
Einmal habe ich mit einem der Betroffenen gesprochen:
„Sind Sie gekündigt worden?
– Nein, das wäre ja nicht so leicht.
Warum ziehen Sie dann aus?
– Hier soll doch saniert werden.
Hat Ihnen das Ihre Hausverwaltung gesagt?
– Die Hausverwaltung hat eine Agentur beauftragt. Von der Verwaltung haben wir nichts erfahren.“
Ich wollte ihn nicht länger beim Packen des Umzugswagens aufhalten und fragte nicht weiter. Aber ich wüsste gern – und es ist darüber hinaus von allgemeinem Interesse – wer ist diese „Agentur“ und was hat sie mit den Mietern ausgehandelt?
Hat sie nur mit den Unannehmlichkeiten der Bauzeit gedroht?
Hat sie bei der Suche nach einer anderen Wohnung geholfen?
Hat sie sich an den Umzugskosten beteiligt?
Da es Mietshäuser gibt, in denen Mieter sich zusammengeschlossen haben und gegen ihre Verdrängung gemeinsam kämpfen – und damit dem Rechtsgrundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ zur Geltung verhelfen – ist es wichtig zu erfahren, ob Investoren mittlerweile „geräuschlose“ Methoden der Mieterexmission erfunden haben, mittels „Agenturen“.
B. Nake-Mann
02./03. 08.2018
Terminverwirrung ? 1. Juni 2018, 17 Uhr gilt !
Heute, am 30.Mai 2018, hat das BA Mitte per Presseerklärung zu einer Informationsveranstaltung zum Mahnmal Levetzowstraße am 7. Juni 2018 eingeladen. Prompt bekam ich besorgte Nachfragen, ob die Veranstaltung „BürgerInnen informieren – Denk- und Mahnmal Synagoge Levetzowstraße – Erinnern“ verschoben sei? Nein!
Keine Terminverschiebung! Unser Termin, zu dem BI SilberahornPLUS, Stadtteilkoordination und „Sie waren Nachbarn“ einladen, ist und bleibt der 1. Juni 2018, 17 Uhr im Rathaus Tiergarten. Einladung s. hier.
Die Idee zu unserer Veranstaltung ist mir gekommen, nachdem im Oktober 2017 im Umweltausschuss der BVV Mitte die „Umgestaltungsnotwendigkeit und -planung“ durch den Landschaftsarchitekten Herrn Bappert erneut vorgestellt worden war. Daraufhin fragte ich beim SGA (Straßen- und Grünflächenamt) an, ob dazu eine Bürgerinformation mit Herrn Bapperts eindrucksvollem Vortrag geplant sei. Nein, aus Personalengpässen und weil es ja nur eine kleine Umgestaltung (des Spielplatzes) sei, könne das SGA keine Info-Veranstaltung machen. Wenn BürgerInnen aktiv würden, wäre das O.K.
Daraufhin hat die Bürgerinitiative SilberahornPLUS die Kooperation mit der Stadtteilkoordination Moabit, Frau Fenster, und dem Verein „Sie waren Nachbarn“ gesucht, nachdem Herr Bappert bereit war, seinen Vortrag bei unserer „BürgerInnen informieren“-Veranstaltung einzubringen.
Unsere Einladungen zum 1. Juni wurden ab Mitte Mai verteilt und verschickt, auch an das BA Mitte.
Nun hat das BA Mitte überraschend und kurzfristig eine Bürgerinformationsveranstaltung am 7. Juni angesetzt, um selbst seine Umgestaltungspläne vorzustellen.
Frau Bezirksstadträtin Weißler sieht keine „Konkurrenz der Veranstaltungen“, sondern Ergänzungen (im Pressegespräch am 30.5.18, zu dem am 29.5.18 eingeladen wurde).
Die BI SilberahornPLUS freut sich, dass das Bezirksamt nun doch auch selbst die BürgerInnen informieren will – so frühzeitig wie selten. Denn mit realen Maßnahmen ist erst im Jahr 2019 zu rechnen, nach aktueller Bau- und Finanzplanung.
Wir hoffen aber, dass die Terminverwirrung nicht Platz greift.
30. Mai 2018, B.Nake-Mann
Denk Mal Levetzowstraße
Die Bürgerinitiative SilberahornPLUS, die Stadtteilkoordination Moabit und der Verein „Sie waren Nachbarn“ laden ein:
Freitag, 1. Juni 2018,
17 – 19 Uhr,
Rathaus Tiergarten, Großer Saal, Mathilde Jacob Platz 1, 10551 Berlin
Am 1. Juni werden BürgerInnen informieren:
Der Spielplatz Jagowstraße/Ecke Levetzowstraße soll umgestaltet werden.
Schon wieder?!
Warum?
Das Denk- und Mahnmal Synagoge Levetzowstraße soll vervollständigt werden.
Was fehlt bisher?
Am früheren Standort der Synagoge Levetzowstraße in Berlin-Moabit wird mit einer Gedenktafel aus dem Jahr 1960 und seit 1988 mit einer Gruppe großer Skulpturen an Verfolgung, Deportation und Vernichtung jüdischer BerlinerInnen in der Nazi-Zeit erinnert und an die Zerstörung jüdischer Gotteshäuser.
Ein Spielplatz wurde auf dem Grundstück der Synagoge und der jüdischen Schule angelegt; denn das Grundstück soll nicht wieder bebaut werden.
Seit dem Jahr 2010 aber gibt es ein Problem: bei der Erneuerung des Spielplatzes berücksichtigte das Straßen- und Grünflächenamt des Bezirks Mitte den preisgekrönten Entwurf des Mahnmals nicht. Die neue Kletterwand stört an dieser Stelle und die haushohe Hainbuchenhecke, die die frühere Front der Synagoge nachbilden sollte, ist aufgegeben worden.
Doch das Grünflächenamt will die Fehler berichtigen.
Wir freuen uns, dass der Landschaftsarchitekt Theseus Bappert das Konzept des Mahnmals allen Interessierten am 1. Juni 2018 erläutern wird.
Der Verein „Sie waren Nachbarn“ wird seine Kampagne zur Markierung des Weges von der Sammelstelle Synagoge Levetzowstraße zum Güterbahnhof Moabit vorstellen.
AnwohnerInnen, MoabiterInnen und alle Interessierten sind herzlich eingeladen zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung
über Gegenwartsaufgaben und historische Erinnerung in Moabit und darüber hinaus.
B. Nake-Mann
26./27. April 2018/ 08. Mai 2018
Jugendverkehrsschule Moabit nach den Osterferien
Am 9. April 2018 hat nach den Osterferien die Schule wieder begonnen. Ob auch die Jugendverkehrsschule Moabit in der Bremer Straße wieder geöffnet hat?
Als ich gegen Mittag dort hinging, sah ich gleich: die Ampeln sind in Betrieb! Ja, auch Kinder waren auf den Fahrbahnen unterwegs!
Ich unterhielt mich mit dem Personal des Betreibers Wende.Punkt und mit einer der Lehrerinnen, die die Gruppe aus einer Moabiter Schule begleiteten. Alle waren froh: Endlich verhindert kein Frostwetter mehr die Öffnung der Jugendverkehrsschule!
Die Kinder freuten sich über die neuen Fahrräder und Helme und die Möglichkeit, ohne Angst vor Autos Fahrrad zu fahren.
Gegen 13 Uhr kam dann eine neue Schulklasse an. Sie war aus Berlin-Mitte angereist. Lehrerin und Betreuerinnen sind erleichtert, dass sie hier mit den Kindern regelgerechtes Fahrradfahren üben können, denn die JVS in Berlin-Mitte ist (vorübergehend) geschlossen.

Der Unterrichtsraum in der JVS Moabit wurde voriges Jahr freundlich gestrichen und mit neuem Mobiliar ausgestattet.
In den nächsten Tagen sollen auch die Flyer fertig sein, die Schulen, KITAs, Eltern und AnwohnerInnen informieren, dass und wann die Jugendverkehrschule Moabit in der Bremer Straße geöffnet ist und welche besonderen Angebote sie am Nachmittag, nach der Schulzeit, für Kinder bietet.
B. Nake-Mann, 10. April 2018

ThusneldaAllee am Ostersamstag 2018
Am 31. März war die ThusneldaAllee in Moabit frei vom Autoverkehr und auch kein Bus fuhr über die kurze Strecke. So einen Platz – für Begegnung, Markt, Verweilen ohne Konsumzwang – hatte schon 2011 die damalige Bürgerinitiative Silberahorn vorgeschlagen und dafür Unterschriften in Moabit gesammelt. Mehr als 1000 Unterschriften übergab sie dann in einer Veranstaltung zur Verkehrsplanung im „Aktiven Zentrum Turmstraße“ an BVG-Vertreter.
Die BVG (Berliner Verkehrsbetriebe) haben sich aber bislang einer Alternativführung der Busse TXL und 187 widersetzt. Doch für die Kundgebung des Berliner Ostermarsches sperrte die Polizei am 31. März 2018 den Zugang für Busse und Kfz.
Am Samstagmittag war der Berliner Ostermarsch durch Moabit unterwegs gewesen, bei der Schlusskundgebung auf der ThusneldaAllee sprach Eugen Drewermann.
Gleich zu Beginn zitierte er das „Kriegslied“ von Matthias Claudius (1740 – 1815) und stellte uns Heutigen seine Fragen:
’s ist Krieg! ’s ist Krieg! O Gottes Engel wehre,
Und rede Du darein!
’s ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!
Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
Und blutig, bleich und blass
Die Geister der Erschlagnen zu mir kämen
Und vor mir weinten, was?
Wenn wackre Männer, die sich Ehre suchten,
Verstümmelt und halb tot
Im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten
In ihrer Todesnot?
Wenn tausend, tausend Väter, Mütter, Bräute,
So glücklich vor dem Krieg,
Nun alle elend, alle arme Leute,
Wehklagten über mich?
Wenn Hunger, böse Seuch und ihre Nöten
Freund, Freund und Feind ins Grab
Versammleten und mir zur Ehre krähten
Von einer Leich‘ herab?
Was hülf mir Kron und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
’s ist leider Krieg – und ich begehre
Nicht schuld daran zu sein!
Die Rede von Eugen Drewermann kann man nachhören.
B. Nake-Mann, 5. April 2018
Finstere Zeiten
Die Dänische Botschaft in Berlin hatte am Wochenende 3./4. März 2018 das Baggaard Teatret (= Das Hinterhoftheater) eingeladen, das aus Bertolt Brechts „Svendborger Gedichten“ ein furioses Schauspiel entwickelt hat und nun auch in Berlin zeigte.
Auch aus Brechts Gedicht „An die Nachgeborenen“ wurde zitiert:
„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
……
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
……….“
Wir (Bürgerintiative SilberahornPLUS) schweigen nicht zu den Untaten in Syrien, zu den Abschiebungen nach Afghanistan oder zu den Diskriminierungen von Obdachlosen, deren Wohnzimmer der Kleine Tiergarten ist. Zugleich sprechen wir über Bäume – Bäume in Berlin, die zugunsten von Investoren gefällt werden, ohne Rücksicht auf die Wohnbedürfnisse von AnwohnerInnen. MieterInnen nehmen die Nachteile von Wohnungen in eng bebauten Gründerzeitvierteln hin, weil Hof- oder Straßenbäume sie die Natur und den Wechsel der Jahreszeiten erleben lassen – im steinernen Berlin.
Den „Machern“ in Berlin sind offenbar solche menschlichen Gefühle und Bedürfnisse nach Naturkontakt und Schönheit egal. Die Baumschutzverordnung wird durch die Berliner Bauordnung außer Kraft gesetzt: Wenn ein Grundstücksbesitzer bauen will, werden auch große alte Bäume gefällt.
Aktuelles Beispiel: Essener Str. 23
Den schweren Stürmen des Herbstes 2017 hatte die hohe Ulme geschmeidig widerstanden – die Stihl-Säge hat sie in eineinhalb Tagen vernichtet.
Was ist das für ein Rechtsstaat, der es erlaubt, dass Gesetze und behördenverbindliche Pläne sich selbst aufheben und ihre sozialen Ziele und Umweltgrundsätze verraten? Beispiele: BauGesetzBuch des Bundes, Flächennutzungsplan und Landschaftsprogramm von Berlin. Die Berliner Bauordnung von 2006 verzichtet auf Bürgerbeteiligung, Gesundheits-, Umwelt- und Naturanliegen: „Schlanker Staat“, „schlanke Verwaltung“, „nachhaltige Deregulierung“ sind das neoliberale Credo des Senats in der Berliner Bauordnung.
Viele Wohnungen in den Hinterhäusern von Essener Str. 22 und 23 haben nur Fenster nach Norden. Dank der Baulücke mit riesiger Ulme und dicker Wandbegrünung mit Efeu und Wildem Wein hatten die BewohnerInnen dennoch einen schönen Ausblick. Der wird nun durch die Baulückenbebauung verbaut, auch die jahrzehntealte Wandbegrünung zerstört, die Hinterhofmisere der Gründerzeit neoliberal wiederhergestellt. Wer kann, zieht weg, zur Freude des Hauseigentümers, der von Neumietern höhere Mieten kassieren kann. Auch eine Wohnung ohne Sonne und Aussicht wird er heutzutage sicher los.
Nicht nur Bäume und Grün, auch der gewachsene soziale Zusammenhalt im Kiez wird durch „Bauen, bauen, bauen!“ zerstört.

Die freigefällte Baulücke soll bebaut werden – auch wenn so der Hinterhof der Gründerzeit wieder hergestellt wird. (Aklicken vergrößert).
„Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!
……
Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
……….“
5. März 2018, Brigitte Nake-Mann